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morgens die Leiter in dem Gletschertrichter emporkletterte, um nach dem Wetter Ausschau zu halten, lag strahlender Sonnenschein über der einsamen Insel, der bereits jetzt Ende September so viel Wärme spendete, daß der frisch gefallene Schnee alle Eile hatte, wiederaufzutauen und zu verschwinden.

Gegen acht Uhr vormittags finden wir dann den langen Matrosen und den Schiffsjungen auf einer Halbinsel vor, die sich weit nach Norden zu wie eine ungeheure Nadel, so schmal und spitzzulaufend, in das Meer hineinerstreckte, das sich bereits infolge der Windstille wieder vollständig beruhigt hatte.

Die beiden Gefährten waren gerade dabei, zwei große Robben zu beschleichen, die auf einer am Westufer der Halbinsel auf Strand geratenen Eisscholle lagen und sich sonnten. Es geschah nur sehr selten, daß Robben sich hier zeigten, und besonders des Schiffsjungen Jagdeifer war deshalb umso größer. Auf allen Vieren kroch er, stets hinter Eishügeln Deckung nehmend, einige Meter vor dem Matrosen auf die hohe Eisbarriere zu, die die Wogen am Ufer angehäuft hatten. Hinter diesem Walle hoffte er gut zum Schuß kommen zu können.

Karl hatte jetzt die Eisbarriere erreicht und schob seine Büchse vorsichtig in die richtige Lage, bog den Oberkörper noch tiefer und zog die moderne Hinterladerwaffe fest ein, zielte sorgfältig und –

Jakobsen sah, wie der Junge die Büchse wieder absetzte und plötzlich auf die Füße sprang, wodurch die Robben augenblicklich verscheucht wurden. Schwerfällig plumpsten sie von der Scholle ins Wasser und verschwanden auf Nimmerwiedersehen. Der lange Matrose wußte nicht, was er von diesem sonderbaren Benehmen Karls halten sollte, zumal dieser jetzt regungslos dastand und weit vorgebeugt unverwandt auf einen nördlicher gelegenen Punkt der Eisbarriere hinstarrte.

Ehe der Matrose aber noch durch einen Zuruf eine Erklärung für dieses seltsame Beginnen seines Gefährten fordern konnte, drehte jener sich schon nach

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W. Belka: Peter Strupp, der Sträfling. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Peter_Strupp,_der_Str%C3%A4fling.pdf/27&oldid=- (Version vom 1.8.2018)