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Punkt zehn Uhr löschte Jakobsen, der ein wenig „das Familienoberhaupt“ hervorkehrte, regelmäßig das Licht aus. Im Dunkeln unterhielt man sich noch eine Weile, um Petroleum zu sparen. Diese Unterhaltung im Finstern war des dicken Salzsackes steter Ärger, da er sich für nichts anderes zu interessieren vermochte, als für den Küchenzettel des folgenden Tages, der stets am Abend vorher beraten wurde. Dies dauerte immer nur kurze Zeit, und dann wollte Schulk ungestört sich den weichen Armen des Gottes Morpheus, den ja die Griechen als den Beschützer der Ruhebedürftigen verehrten, anvertrauen, was Jakobsen besonders nie zuließ, da der Salzsack von Tag zu Tag rundlicher wurde und sein Appetit immer ungezügelter. – „Du wirst nächstens platzen, wenn Du so viel schläfst,“ warnte Jakobsen den Kameraden immer wieder. „Statt einer Entfettungskur, ist diese Verbannung nun für Dich die reine Mastkur geworden. Ich werde Dir für eine Woche das Fleisch entziehen, wenn Du Dich nicht besserst.“

Doch – Schulk änderte sich nicht. Sein Schnarchen mischte sich stets sehr bald in die Unterhaltung zwischen Jakobsen und Karl, die zu Beginn des fünften Monats dieses unterirdischen Daseins allen Ernstes den Plan besprachen, einmal in den langen Tunnel bis zum Ende einzudringen, und wenn sie dazu Tage brauchen sollten.

Schulk hielt dies Vorhaben von seinem Standpunkt aus natürlich für ebenso überflüssig, wie unnötig. Doch Jakobsen war anderer Ansicht. Der stete Verkehr mit Karl Wend, der zwar auf der Schule keineswegs zu den Strebern gehört, anderseits seine Allgemeinbildung jedoch durch eifriges Lesen und Selbststudium sehr erweitert hatte, war nämlich für den langen Matrosen insofern von großem Vorteil gewesen, als in ihm ganz plötzlich ein wahrer Wissensdurst und Bildungshunger geweckt worden war. Wenn er mit dem Schiffsjungen allein auf der Oberwelt am Strande entlangwanderte, mußte Karl ihm über alles mögliche Aufschluß geben, ja, geradezu

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W. Belka: Peter Strupp, der Sträfling. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Peter_Strupp,_der_Str%C3%A4fling.pdf/25&oldid=- (Version vom 1.8.2018)