verweigerte? Der König hatte ja diese Auszeichnung des Hamans befohlen, und ist nicht Jedermann dem Könige Ehre und Gehorsam schuldig? Und sollte man nicht auch sagen, Mardochai hätte ja bloß um des Königs willen sich vor Haman verbeugen und doch dabei in seinem Herzen denken können, was ihm beliebte? Konnte er nicht sagen, er beuge sich eigentlich nicht vor Haman, sondern vor dem Ansehn und der Gewalt des Königs; und überdieß war ja die ganze Sache nur eine unschuldige Zeremonie. Allein, es scheint, Mardochai war ein zu gerader und fester Mann, und besaß nicht List und Schlauheit genug, um Hamans Zorne auszuweichen.
Dem sei nun wie ihm wolle, Mardochai war ein vortrefflicher Mensch; er fürchtete Gott und übte Gerechtigkeit, und eben darum gefiel er Gott, und endlich auch dem Könige, der wohl eher, als Harman, Ursache gehabt hätte, auf ihn zu zürnen. Und wir finden, daß[WS 1] der König ihn in alle Würden einsetzte, die Haman bekleidet hatte, und ihn fast mit noch größern Ehrenbezeigungen überhäufte. Es ist wahr, zuerst lauteten die Nachrichten schlecht. Man ging mit nichts Geringerm um, als Mardochai selbst und das ganze Volk der Juden um seinetwillen auszurotten. Aber seine Demuth und Rechtschaffenheit, sein Fasten und sein starkes Schreien zu Gott trugen den Sieg über seine Feinde davon. Das Volk war erhalten und der arme verurtheilte Mardochai ward, nachdem er Alles überstanden hatte, noch über die Fürsten erhoben. O hierin liegt trefflicher Unterricht für Alle, die um solcher oder anderer Ursachen willen in geistlichen Uebungen und Anfechtungen stehen.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: daß daß
Wilhelm Penn: Ohne Kreuz keine Krone. Georg Uslar, Pyrmont 1826, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Penn_Ohne_Kreuz_keine_Krone.djvu/176&oldid=- (Version vom 1.8.2018)