Pflichtgefühle nehmen, sondern er müßte ihn nach der Vorschrift des Tanzmeisters einrichten, dessen Kunst und Geschicklichkeit zu seiner Zeit am beliebtesten wäre. Solche falsche Begriffe von Ehre sind es, welche so viele Eltern zu bedeutenden Ausgaben verleiten, um ihre Kinder in der Kunst unterrichten zu lassen, wie sie anständige Komplimente oder geschickte Verbeugungen machen müssen, die man irriger Weise zu Ehrenbezeigungen für ganz nothwendig hält. Und schließt nicht auch dieser falsche Begriff von Ehre die rechtschaffenen, biedern Landleute davon aus, die, indem sie den Acker bauen, pflügen, säen, ernten und ihre Produkte zu Markte bringen, in allen Dingen ihrer Obrigkeit, ihren Gutsherren, und ihren Eltern und Vorgesetzten mit Aufrichtigkeit und Ehrbarkeit gehorchen, aber nur selten jene künstlichen Zeremonien beobachten, und wenn sie es thun, sich doch so sonderbar und ungeschickt dabei benehmen, daß sie den eingebildeten Weltlingen zu Gegenständen ihres Gespöttes und Gelächters dienen, wiewohl in den Augen des Verständigen ihr Gehorsam und ihre Treue über die Eitelkeit und Heuchelei ihrer Tadler weit erhaben ist? Die Menschen von niedrigen und verkehrten Begriffen sind immer geschäftig, die wahre Ehre zu verdrängen und die falsche an ihre Stelle zu setzen. Auch müssen wir noch erwägen, daß sowohl Denen, welche Andern zeremonielle Ehrenbezeigungen erweisen, als auch Denen, welchen sie erwiesen werden, mehr an der Art und Weise ihrer der herrschenden Mode angemessenen Vollziehung, als an der dadurch auszudrückenden Achtung und Ehre gelegen ist. Es ist daher etwas Gewöhnliches, von Personen, die es in der Kunst, Komplimente zu machen, weit gebracht haben, zu hören: er ist ein sehr gebildeter,
Wilhelm Penn: Ohne Kreuz keine Krone. Georg Uslar, Pyrmont 1826, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Penn_Ohne_Kreuz_keine_Krone.djvu/173&oldid=- (Version vom 1.8.2018)