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vorkommt, wenn dieser fromme Mann uns versichert: „Wahrlich meine Seele harret auf Gott!“ und daß er es seiner eigenen Seele zur Pflicht macht, dieses zu thun, wenn er sagt: „O meine Seele harre du nur auf Gott; denn er ist meine Hoffnung.“[1] Als sagte er: Kein Anderer kann mein Herz zubereiten und meinen Bedürfnissen abhelfen. Daher erwarte ich Nichts von meinen eigenen willkührlichen Religionsübungen, oder von der äußern leiblichen Verehrung, die ich Gott darbringen kann. Dieses Alles hat keinen Werth, und kann weder mir selbst etwas nützen, noch dem Allmächtigen wohlgefallen. Aber ich harre auf ihn, daß er mir Stärke und Kraft verleihe, mich so vor ihm darzustellen, als es ihm am angenehmsten seyn wird; denn wenn er sich selbst ein Opfer zubereitet, so wird es ihm gewiß auch angenehm seyn. Daher erwähnt er in zwei Versen dreimal des Harrens; „Ich harre des Herrn; meine Seele harret. – Meine Seele wartet (oder harret) auf den Herrn, von einer Morgenwache bis zur andern.“[2] (Nach der englischen Uebersetzung: „mehr als Diejenigen, die auf den Morgen warten.“) Ja, mit so genauer Aufmerksamkeit und so unermüdet harrte er, daß er an einem Orte sagt: „Das Gesicht vergehet mir, indem ich so lange auf meinen Gott harre.“[3] Er begnügt sich nicht mit dem Hersagen einer gewissen Anzahl Gebete, oder mit der Verrichtung der verordneten gottesdienstlichen Handlungen, oder mit einer beschränkten Wiederhohlung derselben; nein! er läßt nicht nach, bis er den Herrn findet, nämlich seine tröstliche Gegenwart, die seine Seele mit Liebe und Frieden erfüllte.


  1. Ps. 62, 6.
  2. Ps. 130, 5. 6.
  3. Ps. 69, 4.

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Wilhelm Penn: Ohne Kreuz keine Krone. Georg Uslar, Pyrmont 1826, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Penn_Ohne_Kreuz_keine_Krone.djvu/108&oldid=- (Version vom 1.8.2018)