ward erhört. Da erfuhr David Rettung und Erlösung in der von Gott ersehenen, nicht in der von ihm selbst gewünschten Zeit; und er empfing Kraft, alle seine Kämpfe durchzugehen und alle seine Trübsale zu überstehen. Und dann, sagt er uns, „habe der Herr ihm ein neues Lied in seinen Mund gelegt, um unsern Gott zu loben.“[1] Dieses ward ihm also von Gott gegeben, und war folglich nicht sein eigenes Werk.
Zu einer andern Zeit hören wir ihn ausrufen: „Wie der Hirsch schreiet nach frischem Wasser, so schreiet meine Seele, o Gott! zu dir. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, daß ich Gottes Angesicht schaue.“[2] Dieses übertrifft alle äußere Formalität und ist etwas, das sich nicht wie eine Aufgabe erlernen läßt. Wir können aber daraus abnehmen, daß wahre Gottesverehrung ein inneres Werk ist; daß die Seele in ihrer himmlischen Sehnsucht durch den himmlischen Geist gerührt und erhoben werden muß; und daß die wahre Anbetung in der Gegenwart Gottes verrichtet wird. „Wann werde ich dahin kommen, daß ich Gottes Angesicht schaue?“ oder „vor Gottes Angesichte erscheine?“ David redet nicht vom Erscheinen im Tempel mit äußern Opfern, sondern vom Erscheinen vor Gott, in seiner heiligen Gegenwart, wo die Seelen der wahren Anbeter Gott schauen, wenn sie vor ihm erscheinen; und dieses ist die große Sache, nach welcher sie verlangen und dürsten, und worauf sie harren. Aber die mehrsten Bekenner des Christenthums sind hierin so sehr von Davids Beispiele abgewichen, daß es ihnen sonderbar
Wilhelm Penn: Ohne Kreuz keine Krone. Georg Uslar, Pyrmont 1826, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Penn_Ohne_Kreuz_keine_Krone.djvu/107&oldid=- (Version vom 1.8.2018)