Seite:PatkanjanDreiErzählungen.pdf/69

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

her verbreiteten Rosen und Nelken ihre Wohlgerüche. Es war ein schöner Abend und er wurde noch schöner, als der Vollmond wie eine goldene Schüssel am Himmel aufstieg. So lebhaft erinnere ich mich an diesen Abend, als wäre es gestern gewesen. Takusch goss den Thee ein und Muhme Mairam, Sarkis’ Frau, nahm eine Tasse, aber wie sie sie an die Lippen führte, fiel sie ihr aus der Hand und der Thee floss ihr aufs Kleid. Mir wurde sonderbar zu Mute, als ich dies sah, denn mein Herz sagte mir, dass das etwas Schlimmes zu bedeuten habe. „Das Böse bleibe fern, das Gute komme!“ flüsterte ich und bekreuzte mich im Stillen. Dabei blickte ich auf Takusch und sah, dass die Arme die Farbe gewechselt hatte, denn auch ihre unschuldige Seele mochte etwas Böses ahnen. Sarkis und Mairam blieben jedoch munterer Dinge und dachten gar nicht an derartige Dinge. Mochten sie auch tausend Mal nicht daran glauben, was kommen soll, kommt doch! Mairam nahm das Mundtuch, wischte sich das Kleid ab, Takusch goss ihr eine frische Tasse ein. „Es wird gewiss ein Gast mit süsser Zunge kommen,“ sagte Sarkis lächend, „Mairam, stehe auf und ziehe ein anderes Kleid an, denn sonst musst du dich schämen, wenn Jemand kommt!“ – „Wer

Empfohlene Zitierweise:
Rafael Patkanjan: Drei Erzählungen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PatkanjanDreiErz%C3%A4hlungen.pdf/69&oldid=- (Version vom 1.8.2018)