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packt die Halunken, bindet sie, haut sie, schlagt sie tot!“ Die Diebe wussten wahrscheinlich nicht, mit wem sie zu thun hatten und als sie an dem Rufen der Alten bemerkten, dass ein halbes Dutzend handfester Kerle im Hause sei, machten sie sich davon. Ja, so ein schlaues, unerschrockenes Weib war Tante Hripsime!

„Guten Morgen, Muhme!“ sagte ich.

„Gott grüss’ dich,“ erwiderte sie.

„Woher kommst du denn?“

„Ich war bei einem Kranken,“ versetzte sie.

Ach ja, ich habe ganz vergessen, hier mitzuteilen, dass Muhme Hripsime, obgleich sie weder lesen noch schreiben konnte, eine tüchtige Ärztin war. Sie legte die Kranken ins Gras, gab ihnen Sorbet ein, kurierte Hämorrhoiden, die Fallsucht auch, und besonders in Frauenkrankheiten war sie sehr erfahren. Ja, für ihre Kunst kann ich selbst Zeugnis ablegen. Vor ungefähr vier Jahren bekamen meine Kinder in den Hundstagen den Durchfall und meine Frau hatte schon drei Jahre lang das Fieber, so dass sie ganz kraftlos war. Da sagten die Töchter des Goldarbeiters Arutin und die Frau des Ziegelstreichers Saak: „Es giebt ja hier eine vortreffliche Ärztin, sie nennen sie Hripsime, lasst sie doch einmal holen, Ihr werdet es nicht bereuen!“

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Rafael Patkanjan: Drei Erzählungen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PatkanjanDreiErz%C3%A4hlungen.pdf/52&oldid=- (Version vom 1.8.2018)