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aus dieser unglücklichen Lage herausgelangen werden!“

„O, gebe Gott, dass die Ahnung Ihres Herzens in Erfüllung gehe! Nie hätte ich es zu hoffen gewagt, dass ich hier in diesem fremden Lande als arme, verlassene Waise plötzlich einen so wohlwollenden Freund finden würde, wie Sie es sind!“ Bei diesen Worten reichte sie mir die Hand. „Herr Michael, mein edler Freund!“ fuhr sie fort, „ich danke Ihnen! Glauben Sie mir, dass wenn mich in der Folge auch Meere und Berge von Ihnen trennen sollten, so wird doch das Andenken an Sie unverwelkt in meinem Herzen fortdauern!“

Ihre Worte verwirrten mich ganz und gar und fesselten mir so die Zunge, dass ich ihr nicht einmal antworten konnte. Ich war wie versteinert und das war ganz natürlich, denn es war ja das erste Mal, dass mir ein Mädchen ihr unbeflecktes, jungfräuliches Herz öffnete. Zum ersten Male hörte ich diese aufrichtige, wahrheitstreue Sprache, von der man jedes Wort ohne den geringsten Zweifel glaubt.

Ich verwünschte mich und mein Schicksal und alle die Fälle, in welchen ich einer unwürdigen und lasterhaften Liebe Raum in meinem Herzen gegeben hatte. Meine Reue kam spät, aber sie war um so aufrichtiger.

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Rafael Patkanjan: Drei Erzählungen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PatkanjanDreiErz%C3%A4hlungen.pdf/147&oldid=- (Version vom 1.8.2018)