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mit der dem niederen russischen Volke eigenen Grobheit zerrte sie sie am Ärmel und sagte: „Der Teufel weiss, was das für ein dummes Volk ist, diese Deutschen; ich spreche laut und deutlich auf russisch zu ihr und sie versteht mich nicht!“

Das Mädchen blickte erstaunt auf sie ohne etwas zu erwidern. Ich begriff nun sogleich, dass sie nicht russisch spreche und redete sie auf französisch an:

„Mademoiselle, ces dames ignorent la religion de la defunte et elles sont dans un grand embarras.“

„Ma mère était lutherienne,“ sagte sie und versank wieder in ihren vorigen Trübsinn.

Ich befahl sofort dem Kutscher umzukehren und auf den deutschen Kirchhof zu fahren, von welchem wir bereits eine Strecke entfernt waren.

Ich weiss nicht, ob der Kutscher betrunken war, ob die Achsen des Wagens krumm waren oder die Pferde scheu wurden, nur soviel weiss ich, dass beim Umdrehen der Sarg zu schwanken begann und gewiss herunter gefallen wäre, wenn ich nicht schnell herbei gesprungen wäre. Ich stemmte meine rechte Achsel gegen den Leichenwagen, hielt mit der Hand den Sarg fest und verblieb in dieser Stellung, bis der

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Rafael Patkanjan: Drei Erzählungen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PatkanjanDreiErz%C3%A4hlungen.pdf/111&oldid=- (Version vom 1.8.2018)