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wäre die feine Pointe, die nur im Griechischen voll zum Ausdruck kommt, ganz im Einklang mit dem, was wir von dem treffenden Witz des Kaisers wissen). Aber es fällt, wie schon hervorgehoben (s. S. 66), in die Zeit nach 12 v. Chr. die Aufhebung des wichtigen dem Könige erteilten Sonderprivilegs, seinen Nachfolger selbst bestimmen zu können, mit der sicheren Aussicht, daß Rom den Präsentierten annehme; ob die Araberaffäre oder die ständigen Familienwirren zu der Aufhebung, die von der Tradition verschwiegen wird, geführt hat, ist nicht zu entscheiden. Immerhin ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß der unheilvolle Unfriede, der sich in dem letzten Jahrzehnt der Regierung in der königlichen Familie eingenistet hatte, nicht nur die bisherige Ruhe im Innern emfindlich gestört, sondern auch die äußere Stellung mit erschüttert hat; auf jeden Fall hat er vor allem diesen letzten Jahren des Königs das Siegel einer Zeit des Niederganges aufgedrückt.

Wie in so vielen hellenistischen Reichen ist auch in dem des ersten H. die Geschichte der königlichen Familie mit Blut geschrieben. Nach den Hinrichtungen der Mariamme und der Alexandra war allerdings seit 28 v. Chr. eine längere Zeit des Friedens auch im königlichen Hause eingetreten, der wohl nur vorübergehend durch die fehlgegangene Hoffnung der Salome auf Verheiratung mit Syllaios und durch eine Anschuldigung gegen Pheroras, er sinne auf die Ermordung des Königs, getrübt sein dürfte (für die Zeit der Salomeaffäre s. S. 103f.; vgl. ferner bell. Iud. I 485–487, wo die zeitliche Fixierung der Anschuldigung gegen Pheroras mit ‚τότε‘ nicht verleiten darf, an die Zeit der Familienwirren nach 12 v. Chr. zu denken; wir werden vielmehr durch die Erwähnung des Kostobar, der jedoch trotzdem zu der Zeit der Anschuldigung nicht mehr am Leben gewesen zu sein braucht, und durch die Verknüpfung mit dem gescheiterten Verlöbnis der Salome auf die 20er Jahre geführt; s. für die Stelle auch S. 130 Anm.

H. ist in dieser Zeit eine [RE:128] Reihe von neuen Ehen – im ganzen acht (bell. Iud. I 562f.; ant. Iud. XVII 19–21) – eingegangen, von denen wir eine, die mit der Hohenpriestertochter Mariamme, auf das J. 23 v. Chr. datieren können (ant. Iud. XV 319ff.; für die Zeit s. die Bemerkungen über § 318 S. 71 Anm.). Es ist dies die einzige Ehe, deren Eingehung von Josephus erzählt wird, und zwar offenbar nicht um ihrer selbst willen, sondern wegen der bei ihr zutage tretenden Verknüpfung von Liebe und königlicher Kirchenpolitik [Ersetzung des bisherigen Hohenpriesters durch den Vater der Mariamme]. Es scheint mir daher falsch hieraus, wie es wohl allgemein geschieht, zu folgern, daß diese Ehe die zeitlich früheste der nach dem Tode der ersten Mariamme geschlossenen Ehen gewesen sein müsse. Die Tatsache, daß, abgesehen von den Nachkommen aus den beiden ersten Ehen des Königs, die ältesten Kinder aus zwei anderen Ehen stammen [s. S. 165 und 202 ], mahnt zum mindesten zur Vorsicht. Die Reihenfolge der Frauen in den Aufzählungen des Josephus ist wie auch ein Vergleich der beiden zeigt, nicht streng chronologisch, [132] sondern durch sachliche Gesichtspunkte bestimmt). Aus allen Ehen des Königs, außer aus zweien, sind Kinder entsprossen; wir kennen im ganzen 15 Kinder – 10 Söhne und 5 Töchter (s. für die Frauen und Kinder des Königs die genealogische Tabelle).

In den beiden ältesten Söhnen der ersten Mariamme, Alexandros und Aristobulos (der jüngste war jung gestorben, bell. Iud. I 435), hat H. lange Zeit seine Nachfolger (ant. Iud. XV 342f., vgl. auch XVI 78f. und bell. Iud. I 435) gesehen; seine alte auf Anlehnung an die Hasmonäer gerichtete Politik kommt hierin, wie in so manchem anderen, wieder zum Vorschein. Als die Jünglinge im J. 18 oder 17 v. Chr. von ihrem Studienaufenthalte aus Rom zurückkehrten, vermählte er Alexandras mit Glaphyra, der Tochter des Kappadokerkönigs Archelaos, und Aristobulos mit seiner Nichte Berenike, der Tochter seiner Schwester Salome (bell. Iud. I 446; ant. Iud. XVI 11); die eine Heirat sollte der Förderung des äußeren Ansehens, die andere aber der Verschmelzung der Idumäer und der Hasmonäer dienen. (Dasselbe Prinzip begegnet uns dann auch wieder bei der Verheiratung seines ältesten Sohnes Antipatros mit der Tochter des letzten hasmonäischen Königs Antigonos, ant. Iud. XVII 92). Die jungen Prinzen waren wohl gestaltete und wohlunterrichtete junge Leute, tüchtige Soldaten und gewandte Redner, der Ältere, Alexandros, der bedeutendere von beiden[1]. Stolz, ja sogar anmaßend waren sie jedoch beide und außerdem rasch fertig

[RE:129] im Urteilen und Aburteilen und unüberlegt in ihren Äußerungen (s. hierfür einmal die zusammenfassende Charakteristik ant. Iud. XVI 399[2]; [RE:130] ferner etwa bell.


  1. Ant. Iud. XVI 6f. 247. 400f. Daß Alexandras der bedeutendere war, dafür s. z. B. sein Verhalten in Aquileia, ant. Iud. XVI 104ff.; auch bell. Iud. I 452ff.; vgl. ferner ant. Iud. XVI 255f.; bell. Iud. I 498f. Er tritt uns überhaupt immer als der Führende des Brüderpaares entgegen; s. z. B. bell. Iud. I 469f. 488ff. 516ff. 528. 549; ant. Iud. XVI 206ff. 231ff. 245ff. 273. 302ff. 314ff. 325ff. 390. Beachte auch das Auftreten des falschen Alexandros nach dem Tode des H., ant. Iud. XVII 324ff.
  2. Der ganze Abschnitt – § 395–404 – scheint mir ein besonders wertvolles Urteil über die Söhne und das Verhalten des Vaters zu ihnen zu enthalten. Man wird ihn auf den jüdischen Anonymus zurückführen dürfen, zu dessen Gesamtauffassung er mit seiner den König und seine Handlungen in keiner Weise schonenden Darstellungsweise paßt; auch sonst können wir solche zusammenfassenden Schlußurteile über Persönlichkeiten gerade dem jüdischen Anonymus zuerteilen, s. z. B. das über Hyrkanos ant. Iud. XV 179–182 und hierzu S. 52, dann das über H., ant. Iud. XVI 150–159 und hierzu S. 15*) (sie alle können uns übrigens in mehr oder weniger gebrochener Form vorliegen; man vgl. z. B. dasjenige über Mariamme, ant. Iud. XV 237–239, das man auf Nikolaos, obwohl hier so viel auf ihn hinweist, nicht ohne weiteres zurückführen darf und zwar wegen der in § 237 erwähnten ἐγκράτεια der Mariamme, da nach XVI 186 Nikolaos WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt gerade ihre ἀσέλγεια hervorgehoben hat). Daß in diesem Abschnitt Nikolaos auf keinen Fall zugrunde liegt, zeigt deutlich § 404; ein Urteil, wie es hier über Antipatros und seine Verbrechen gefällt wird, würde Nikolaos bei seiner Todfeindschaft zu diesem niemals niedergeschrieben haben. Man darf überhaupt für all die Darlegungen über die Affäre der Mariammesöhne in den antiquitates Nikolaos zumeist höchstens als indirekt verwertete Quelle in Betracht ziehen. Denn einmal muß Nikolaos in seiner Weltgeschichte die von ihm in dieser als erwiesen dargestellten ἐπιβουλαί der Mariammesöhne (s. o. S. 3*) ganz anders hervorgehoben haben, als wie dies in den antiquitates, aber auch selbst im bellum (s. z. B. I 539) geschieht. Er hat dann ferner, wie uns sein frg. 5 (FHG III 352) zeigt – diese Einzelheit erscheint mir besonders lehrreich –, Antipatros als denjenigen bezeichnet, der seinen Vater nach dem Urteil von Berytos bewogen habe, die Hinrichtung der Söhne zu vollstrecken, während in der Darstellung dieser Ereignisse in den antiquitates, aber auch in der des bellum, Antipatros nicht einmal genannt wird, sondern andere Gründe den König zum Vollzug des Urteils bestimmen. Und schließlich kann Nikolaos, der die Affäre der Mariammesöhne doch noch zu Lebzeiten des Königs niedergeschrieben hat (s. hierfür ant. Iud. XVI 184f.), in seinem Werke Salome und ihre Gruppe, sowie ihre Machinationen gegen die Mariammesöhne nicht so geschildert haben, wie dies in den antiquitates der Fall ist. Es ist denn auch sehr beachtenswert, daß in den entsprechenden Abschnitten des bellum, wo Nikolaos, wenigstens für das meiste, wenn auch indirekt und neben anderen Quellen, zugrunde liegt, die Verleumdungen der Salome als erster Anlaß zum Argwohn des Königs garnicht erwähnt werden (vgl. etwa bell. Iud. I 447 mit ant. Iud. XVI 8ff. 66–75. Das Weitere zeigt, daß hier nicht etwa zufällig infolge der Epitomierung die Namen der ersten Verleumder der Söhne fehlen); im bellum wird ferner die Gegnerschaft der Salome und des Pheroras erst durch Antipatros gerade ihre ἀσέλγεια hervorgehoben hat). Daß in diesem Abschnitt Nikolaos auf keinen Fall zugrunde liegt, zeigt deutlich § 404; ein Urteil, wie es hier über Antipatros und seine Verbrechen gefällt wird, würde Nikolaos bei seiner Todfeindschaft zu diesem niemals niedergeschrieben haben. Man darf überhaupt für all die Darlegungen über die Affäre der Mariammesöhne in den antiquitates Nikolaos zumeist höchstens als indirekt verwertete Quelle in Betracht ziehen. Denn einmal muß Nikolaos in seiner Weltgeschichte die von ihm in dieser als erwiesen dargestellten ἐπιβουλαί der Mariammesöhne (s. S. 4*) ganz anders hervorgehoben haben, als wie dies in den antiquitates, aber auch selbst im bellum (s. z. B. I 539) geschieht. Er hat dann ferner, wie uns sein frg. 5 (FHG III 352) zeigt – diese Einzelheit erscheint mir besonders lehrreich –, Antipatros als denjenigen bezeichnet, der seinen Vater nach dem Urteil von Berytos bewogen habe, die Hinrichtung der Söhne zu vollstrecken, während in der Darstellung dieser Ereignisse in den antiquitates, aber auch in der des bellum, Antipatros nicht einmal genannt wird, sondern andere Gründe den König zum Vollzug des Urteils bestimmen. Und schließlich kann Nikolaos, der die Affäre der Mariammesöhne doch noch zu Lebzeiten des Königs niedergeschrieben hat (s. hierfür ant. Iud. XVI 184f.), in seinem Werke Salome und ihre Gruppe, sowie ihre Machinationen gegen die Mariammesöhne nicht so geschildert haben, wie dies in den antiquitates der Fall ist. Es ist denn auch sehr beachtenswert, daß in den entsprechenden Abschnitten des bellum, wo Nikolaos, wenigstens für das meiste, wenn auch indirekt und neben anderen Quellen, zugrunde liegt, die Verleumdungen der Salome als erster Anlaß zum Argwohn des Königs garnicht erwähnt werden (vgl. etwa bell. Iud. I 447 mit ant. Iud. XVI 8ff. 66–75. Das Weitere zeigt, daß hier nicht etwa zufällig infolge der Epitomierung die Namen der ersten Verleumder der Söhne fehlen); im bellum wird ferner die Gegnerschaft der Salome und des Pheroras erst durch Antipatros hervorgerufen (I 475), Salome veranlaßt (I 479) anders als wie in den antiquitates (XVI 201. 205), ihre mit Aristobulos verheiratete Tochter nicht zur Hinterbringung von dessen Äußerungen, sondern diese tut es von selbst (s. auch immerhin bell. Iud. I 534ff.) – der bewußte alleinige Verderber der Mariammesöhne ist hier Antipatros (bell. Iud. I 483ff. wird zwar ein Ansatz dazu gemacht, die Feindschaft der Salome und des Pheroras zu schildern, aber was sie getan haben, wird garnicht erwähnt, sondern es wird hier zurückgegriffen, und es werden nur Anschuldigungen gegen die beiden Geschwister vor H. aus den 30er und 20er Jahren erzählt; s. § 485–487; mit der βασιλίς in § 485 kann natürlich nur Mariamme I. gemeint sein. Wir haben es hier eben allem Anschein nach mit einer WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt Einlage in der Vorlage des Josephus zu tun, die aus einer anderen Quelle herrühren muß, und zwar wird man hier an den jüdischen Anonymus zu denken haben, den ja Josephus’ Hauptquelle im bellum gekannt hat, s. S. 11. Wir würden dann aus dieser Einlage ersehen, daß der Anonymus ebenso rücksichtslos offen, wie H., auch dessen Geschwistern gegenübergestanden hat, eine Beobachtung, die durch den Charakter der Erzählung der antiquitates ihre Bestätigung erhalten würde). Darf man, was mir so gut wie ganz sicher erscheint, annehmen, daß das Bild des seine Brüder verderbenden, an Geburt und an Gesinnung unedlen Antipatros von Nikolaos in seiner Weltgeschichte entworfen worden ist, so würde für die Niederschrift bezw. die Herausgabe des Abschnittes über den Konflikt mit den Söhnen der Mariamme selbstverständlich erst die Zeit nach dem Sturze des Antipatros in Betracht zu ziehen sein, d. h. die letzten Monate der Regierung des H. Weitere Einzelheiten, die uns den von den antiquitates trotz aller Übereinstimmung immerhin abweichenden Charakter der bellum-Darstellung – hinsichtlich des Verhaltens und der Beurteilung der Mariammesöhne und des Antipatros – erweisen, kann ich hier leider nicht anführen, da dies nur zugleich mit einer eingehenden Textanalyse Zweck hätte.
Empfohlene Zitierweise:
Walter Otto: Herodes. Beiträge zur Geschichte des letzten jüdischen Königshauses. Metzler, Stuttgart 1913, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Otto_Herodes.djvu/086&oldid=- (Version vom 1.8.2018)