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Ferdynand Antoni Ossendowski: Schatten des dunklen Ostens

zu erkennen glaubten, da wurden zur Antwort Erläuterungen gegeben, die nicht weniger nebelhaft wie die Apokalypse selbst waren.

Man hat über dieses Geheimnisvolle mit einer Überzeugung gesprochen, die zu erschüttern fast unmöglich war, da der Verkünder entweder bei diesem Glauben bleiben, oder aus Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit sterben mußte.

Während die intelligenten Klassen und das Bürgertum sich in die Lektüre des heiligen Johannes vertieften, fing der Klerus unter den Massen des Volkes eine Agitation an. Hunderte, tausende von nach dem Schließen der Kirchen und Klöster arbeitslosen Mönchen und Popen begannen ihre Arbeit unter der Masse der Landbevölkerung und der Arbeiterschaft. Die Apokalypse, die Apokryphen, die persönliche Anregung, die Rednerkunst, der Pietismus und Asketismus, alles war in den Dienst der Propaganda gestellt für die Idee des Antichrist.

Der Antichrist wäre schon geboren und sammle jetzt seine verbrecherischen und unzüchtigen Heerscharen. Seine Diener hat er nach Rußland, in dieses reichste der Länder und Völker, ausgeschickt, um dessen Menschen ins Verderben zu stürzen. Denn siehe! Da, wo die von Gott Gesalbten, die Zaren, gewohnt haben, wo die großen Patriarchen gebetet, wo die Überreste der heiligen Wundertäter liegen, da herrscht jetzt ein Haufen von Feinden Gottes und des Kreuzes und folgt dem Willen des Antichrist.

Das ist die Hauptidee dieser Bewegung.

Man muß also trachten, diese Idee zu verwirklichen und dafür greifbare Beweise zu finden.

Und jetzt fängt das Mittelalter in seiner ganzen düsteren Schauerlichkeit an.

Da werden, wie es während der Napoleons-Kriege mit Rußland war, aus den apokalyptischen Zahlen, aus den Buchstaben, die sich in den Namen der Volkskommissäre befanden, Namen des Beelzebub, des Satans zusammengesetzt und der eigentliche Name des Antichrist erforscht.

Es werden Zeichen aus den astronomischen und alltäglichen Naturerscheinungen für das Nahen des Weltunterganges gesucht, gefunden und gedeutet. Eine Sonnen-, Mondesfinsternis, Sternenregen, Form und Farbe der Wolken, dies alles ruft fürchterliche und beängstigende Gedanken hervor. Ist zufällig irgendwo ein Knabe mit

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Ferdynand Antoni Ossendowski: Schatten des dunklen Ostens. Eurasia, Wien 1924, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ossendowski_-_Schatten_des_dunklen_Ostens.djvu/91&oldid=- (Version vom 15.9.2022)