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Ferdynand Antoni Ossendowski: Schatten des dunklen Ostens

schweigend seine Worte an und keiner fand sich unter ihnen, der die Ermordung der Romanows auf sich nehmen wollte. Als der Moskauer Sowjet den Zaren in Tobolsk zu ermorden befahl, fanden sich auch keine Nachrichter. Mein Bruder begab sich mit einigen Letten und Magyaren während der Nacht in das Haus der Ipatjew, in welchem die Zarenfamilie gefangen gehalten wurde, und benachrichtigte den Zaren, daß er sich augenblicklich mit seiner Gemahlin und seinen Kindern in das für ihn vorbereitete Kellerlokal des Hauses zu begeben habe. Der Zar nahm diesen Befehl gleichgültig entgegen, seine Familie aber wurde von einem ungeheuren Schrecken erfaßt und begann zu bitten, zu schreien und zu weinen. Mein Bruder hat sie beruhigt, indem er vorgab, daß die Besatzung Jekaterinburgs den Tod der Romanows verlange, der Sowjet aber, um den Zaren zu schützen, genötigt wäre, der leichteren technischen Verteidigung wegen die Zarenfamilie im Keller unterzubringen. Die Zarin und ihre Töchter haben sich bald beruhigt und dankten meinem Bruder, ihm die Hand drückend. In den Keller gebracht, teilte ihnen aber mein Bruder mit, daß sie zum Tode verurteilt seien, und gab sofort den Soldaten Schußbefehl. Keiner von den Soldaten aber gibt einen Schuß ab. Da streckt mein Bruder selbst mit einem Schuß den Zaren nieder und gibt den Anfang zu einer wüsten Schießerei, die nur die Zarin überlebt. Zu Tode getroffen, erhebt sie sich vom Boden, reißt ein Kissen vom Bette des Wächters und, sich damit schützend, schreit sie fürchterlich auf. Da stößt ihr der einzige russische Soldat unter den Finnen und Magyaren sein Bajonett durch das Kissen in die Brust und tötet sie. Am frühen Morgen werden die Körper zerstückelt in den Wald gebracht, mit Petroleum begossen und verbrannt.“

Das hat mir der Bruder des Zarenmörders Jurowski erzählt. Trotz der absolut sicheren Tatsache über den Tod der Familie Romanow lebt aber noch ein mystischer Glaube in der monarchistischen Partei über die Errettung des letzten Zaren fort, ein Glaube, nach dem der Zar weiter an dem Los seines Landes Anteil nimmt, in der Hoffnung, daß sein geliebtes Volk zur Besinnung kommen wird.

Kann es denn wundernehmen, daß, während die sozialistischen Emigranten, gegenseitig sich bekämpfend, noch an das sozialistische Paradies glauben, die russische Intelligenz sich immer fester mit den Monarchisten verbündet und sich in die Lektüre der Apokalypse vertieft, das zukünftige Heil Rußlands darin suchend. Es ist dies ein

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Ferdynand Antoni Ossendowski: Schatten des dunklen Ostens. Eurasia, Wien 1924, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ossendowski_-_Schatten_des_dunklen_Ostens.djvu/164&oldid=- (Version vom 15.9.2022)