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Die dem hl. Martin und hl. Sebastian geweihte Kirche steht erhöht im ummauerten Friedhof an der nordwestlichen Seite des Riegelberges mit schöner Aussicht in’s freundliche Egerthal; sie ist im Rococostil erbaut und wurde den 10. Oktober 1743 eingeweiht. Der Aufgang zur Kirche ist mit Linden besetzt. Das hübsche mit Stukaturen und großen Fresken geschmückte Innere hat im Schiff eine flache, im vieleckig schließenden Chor eine etwas gewölbte Decke und besitzt drei tüchtige Zopfaltäre, sowie mehrere Grabdenkmale: die schöne marmorne Grabplatte eines Wilhelm von Wöllwart, † 27. Februar 1592 zu Utzmemmingen. Dann ein Grabplättchen: Anno d. 1620 den 14. October starb das wol Edel und Tugentreich Jungfräulein Maria Anna, geborne von Diemantstein. ihres alters 19 tag. – Anno d. 1621 den 7. Februari starb das wol Edel Kneblein Johann Carle von Diemantstein, seines alters 51/2 Jar 19 tag. Gott welle den beden selen ain freliche urstendt verleihen. Amen. Dann sind noch zu nennen der Grabstein eines Pfarrers von Utzmemmingen, David Baur. † 1711, und der des Johann Peter von Jahnstein, des Schwäbischen Krayses Obrist Lieutenant. Die siebenregistrige Orgel wurde 1761 um 250 fl. angeschafft. Auch außen an der Kirche finden sich Grabsteine, des Liborius Eberle, Rittmeisters, † 2. August 1669, und des Johann Wanner, gräflich Fugger’schen Pflegers zu Niederalfingen, † 23. Dezember 1675. Der südlich am Chor stehende, mit einer großen schwarzen Zwiebelkuppel bedeckte Thurm enthält drei Glocken, wovon zwei aus dem vorigen Jahrhundert stammen und die Umschrift haben: Semper Jesus Maria et Joseph. An seinem ersten Geschoß ist ein gothischer, mit einem Bildwerk verzierter Schlußstein, der sich in der früheren Kirche befand, eingemauert. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Gemeinde.

Das zweistockige, schon alte Pfarrhaus mit einem Ökonomiegebäude und geschlossenem Hofraum liegt freundlich am Fuß des Riegelbergs; die Unterhaltung desselben hat der Staat.

Das ehemalige Jahnstein’sche Schloß erkaufte die Gemeinde im Jahr 1839 und ließ es als Schulhaus einrichten und im Jahr 1856 mit einem Aufwand von 1047 fl. 39 kr. wesentlich erweitern und verbessern, es enthält ein Lehrzimmer, die Wohnung des Schulmeisters und die Gelasse für den Gemeinderath.

Außer diesem ehemaligen Schlößchen besteht noch am südöstlichen Ende des Orts das ehemalige Vohenstein’sche, jetzt dem Fürsten von Oettingen-Wallerstein gehörige Schloß (Wasserschloß); es gleicht mehr einem gewöhnlichen Bauernhaus und ist gegenwärtig von einem fürstlich Wallerstein’schen Forstwart bewohnt. Endlich das Pfeffer’sche Schloß im unteren Dorf, ehemals mit einer Mauer umgeben, jetzt Eigenthum des Gastgebers Lautenbacher. Im Ort hat ein nördlingen’scher Stiftungsförster seinen Sitz.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 439. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0439.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)