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Bierbrauerei, die Gastwirthschaft zum Löwen, eine Branntweinbrennerei und eine Essigsiederei. Man baut außer den gewöhnlichen Getreidearten noch ziemlich viel Kartoffeln, dreiblättrigen Klee auf 30 Morgen, Luzerne auf 20 Morgen, Angersen, Erbsen, Linsen, Reps auf 18 bis 20 Morgen etc. Der Wiesenbau wird auf 60 Morgen betrieben. Die nicht bedeutende Obstzucht ist im Zunehmen begriffen und in neuerer Zeit sind viele Jungstämme nachgepflanzt worden.

Der von den Gutspächtern aufgestellte Viehstand besteht gegenwärtig aus 14 Pferden, 100 Stück Rindvieh (reine Simmenthaler Race), worunter mehrere Zuchtstiere, die auch auf den Verkauf nachgezogen und an Gemeinden abgesetzt werden; ferner 20–30 Schweine (englische, halbenglische und Hallerrace) und 1000 Stück Bastardschafe, die theils auf der Schloßmarkung, wo der Fürst das Weidrecht hat, theils auf den Markungen Dunstelkingen und Iggenhausen laufen. Von dem Rindvieh werden jährlich 50–60 Stücke aufgemästet und verkauft, überdieß findet Milchverkauf statt.

In dem südöstlich vom Ort gelegenen Wald „Burgholz“ befinden sich unweit des Bierkellers großartige, lang hinziehende Schanzgräben.

Die Geschichte des Klosters Neresheim beginnt weltlich; denn die Stiftung eines Klosters schon 777 durch den Bayernherzog Thassilo im schwäbischen Brenzgau ist eine und zwar späte Fabel. Vielmehr stand auf dem Neresheimer Berg eine Burg der Gaugrafen, in welcher noch Graf Hartmann I. von Dillingen mindestens hie und da residirie, weil er auch Comes de Nernistheim heißt. Bei der Burg erbaute Bischof Ulrich von Augsburg eine Kapelle und versetzte dahin den Leichnam seines Vaters Graf Hubald, † 909, von Wittislingen her; ebenda wurden auch später verschiedene Mitglieder des Grafengeschlechtes begraben.

Der Nachkomme Graf Hartmann I. entschloß sich, in Verbindung mit Gemahlin und Söhnen, zu Ehren seines inzwischen heilig gesprochenen Familiengenossen, des h. Bischofs Ulrich, bei der Familiengrablege in der jetzt dem h. Ulrich und der h. Afra geweihten Kirche ein Stift für regulirte Chorherrn zu errichten, a. 1095. Bis zum letzten Neubau des Klosters waren etliche Spuren wahrnehmbar, daß vorher eine Burg da gestanden.

Die Pröpste der Canoniker waren Ernst, angeblich auch aus dem dillingenschen Grafengeschlechte, welcher auf dem ersten Kreuzzuge elend umkam, und 1101 Hugo. Als Graf Hartmann selbst aus dem Kreuzzuge glücklich zurückkam, beschloß er, das Chorherrenstift in ein Benedictinerkloster zu verwandeln und sein Sohn Ulrich, Bischof zu Constanz, schickte dazu den Abt Theodorich von Petershausen mit einigen Brüdern, von welchen c. 1106 Bernold als Prior eingesetzt wurde, zunächst also in Abhängigkeit vom Petershauser Abte,

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 371. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0371.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)