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1810 vorgenommenen Vertheilung von 30 Morgen Äckern und Wiesen giebt es sog. halbe und ganze Gerechtigkeiten, die jeder Bürger, mit Ausnahme von 2 Gnadenhäuslern, genießt; eine ganze Gerechtigkeit begreift 3/4 Allmanden, 1/8 Rüben- und Krautland, überdieß Weid- und Pferchantheil. Eine gewisse Dorfaristokratie macht sich durch eine entschiedene Kluft zwischen dem eigentlichen Bauern und Söldner ziemlich bemerklich.

Das Klima ist etwas rauh, jedoch gesund; die Luft meist bewegt, nicht selten windig, auch kommen häufig sehr starke Nebel vor. Hagelschlag schadete in den Jahren 1822, 1849 (zweimal) und 1853 (theilweise).

Die mittelgroße, mit wenig Ausnahme meist ebene Markung hat im allgemeinen einen fruchtbaren, leicht zu bearbeitenden Boden, der zum größten Theil aus Lehm, und in geringer Verbreitung aus den Zersetzungen des weißen Jura und des Kalktuffs besteht; im Thale, südlich von Goldburghausen, lagert ein ursprünglicher Moorgrund, der in sehr fruchtbaren Boden umgewandelt wurde. Kalktuff wird in zwei Gemeindesteinbrüchen abgebaut; sie geben Arbeit und Verdienst und haben schon öfters der Gemeindekasse eine jährliche Rente von 300 fl. eingetragen. Überdieß hat jeder Bürger das Recht, am Goldberg für seinen eigenen Bedarf Steine zu brechen.

Die Landwirthschaft wird unter Anwendung verbesserter Ackergeräthe fleißig und umsichtig getrieben; zum Anbau kommen, außer den gewöhnlichen Cerealien (Dinkel, Haber, Gerste, Roggen), Kartoffeln, Klee, Wicken, Ackerbohnen, Erbsen, Linsen, Flachs und namentlich viel Kraut (Spitzkohl), das auf 54 Morgen gepflanzt wird; auf den Morgen kommen etwa 5400 Stücke zu stehen und über den eigenen Verbrauch kann jährlich etwa für 10.000 fl. Kraut nach außen verkauft werden; das Kraut ist wegen seiner Güte sehr gesucht, daher auch der Ort schon seit alten Zeiten von den Bewohnern der Umgegend „Krauthausen“ genannt wird. An Getreidefrüchten werden alljährlich für ungefähr 60.000 fl. auf der Schranne in Nördlingen abgesetzt.

Der ziemlich ausgedehnte Wiesenbau liefert reichlich gutes Futter, das die Ernährung eines namhaften Viehstandes ermöglicht.

Von geringer Bedeutung ist die Obstzucht, da kalte Nebel und Frühlingsfröste der Obstblüthe häufig Schaden bringen; man pflanzt nur späte Obstsorten und Zwetschgen.

Die vorhandenen Weiden sind nebst der Brach- und Stoppelweide an einen Ortsschäfer, der 300 Stück Bastardschafe laufen läßt, um 300–350 fl. jährlich verpachtet; die Pferchnutzung trägt 500 fl. ein.

In gutem Stande ist die Rindviehzucht; sie beschäftigt sich mit verschiedenen Racen, vorzugsweise mit einer Kreuzung von Simmenthaler- und Landvieh und zur Nachzucht sind drei Farren (Simmenthaler-

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 314. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0314.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)