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hinläuft. Sämtliche an der Ostseite des Ipfs angelegten Vorgräben und Vorwälle laufen halbmondförmig hin und verlieren sich mit ihren beiden Enden an den steilen von Natur unzugänglicheren Nord- und Südseiten des Bergs. Durch diese Vorschanzen war daher die leichter zugängliche Seite dieser uralten Befestigung tüchtig und mit vieler Umsicht vertheidigt. Außer diesen Befestigungen zieht noch auf der Nordseite des Ipfs von dem obersten Ringwall eine Art Laufgraben den steilen Bergabhang hinunter zu einer künstlich schön ausgerundeten Vertiefung, die an der nördlichen Außenseite mit einem Wall umgeben ist. Diese Anlage wird von dem Volk der Löffel genannt, weil sie von Ferne einem runden Löffel mit langem Stiel etwas ähnlich sieht. Zwischen den zwei untersten Vorwällen geht ebenfalls an der Nordseite ein weiterer Laufgraben, anfangs beinahe in der Kurve des Bergs, bis zu einer runden Vertiefung, dort bricht er sich und läuft schräg und ziemlich steil den Abhang hinunter bis zum Löffel; etwa 100 Schritte westlich von dem letzteren befindet sich abermals eine runde an der nördlichen Außenseite umwallte Vertiefung. Welchen Zweck diese langhinziehenden Gräben und kesselartigen Vertiefungen hatten, läßt sich nicht wohl erörtern, vielleicht waren sie zu Verstecken und zu Hinterhalten angelegt worden.

Auf der Kuppe des Ipfs ließ nun der Verfasser an 16 über die ganze Fläche vertheilten Punkten Nachgrabungen anstellen, die alle die gleichen Ergebnisse lieferten, nämlich: nachdem die 1–11/2′ dicke schwarze Humusdecke durchsunken war, kam man auf eine Menge Thierknochen und sehr zahlreiche Bruchstücke von altgermanischen Gefäßen, von Kohlen etc., die auf dem natürlichen aus losen Jurakalktrümmern bestehenden Boden lagen. Die Gefäße sind roh gearbeitet, nicht gebrannt, nur getrocknet, meist roth, im Bruche schwarz, mehrere auch ganz schwarz; einzelne haben Verzierungen, die in eingedrückten schrägen oder rautenförmig sich kreuzenden Linien bestehen und gleichen durchweg den Gefäßen, die nahe beim Ipf in altgermanischen Grabhügeln gefunden wurden, so daß über ihren Ursprung kein Zweifel mehr übrig bleibt.

Aus dem Ganzen geht hervor, daß wir es hier mit einer altgermanischen Befestigung, mit einem großartigen, durch Vorschanzen gedeckten Ringwall zu thun haben, der militärischen und nebenbei religiösen Zwecken diente. Von Bedeutung ist die Volkssage, „daß unsere heidnischen Vorältern auf dem Ipf ihre Götter angebetet und ihnen Opfer dargebracht haben.“ An die Stelle dieser heidnischen Religionsausübung traten nun in frühester Zeit Wallfahrten und Feste, die bis zu den Zeiten der Reformation alljährlich am Ostermontag von Bopfingen und den umliegenden Orten ausgeführt wurden. Auch der Tag dieser Feier deutet auf uraltes Herkommen, da bekanntlich die alten Germanen zur Zeit unsrer Ostern Feste und

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 226. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0226.jpg&oldid=- (Version vom 23.9.2017)