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jedoch stark gekrümmten Hauptstraße von nicht breiten Straßen durchzogen; sie sind größtentheils neu hergestellt, makadamisirt, mit Kandeln versehen und durchaus in gutem und reinlichem Zustande. An den Straßen stehen dicht gedrängt die meist alten, indessen nicht unfreundlichen Gebäude, die wie in allen alten Städten häufig mit den Giebelseiten gegen die Straßen gekehrt sind und im allgemeinen einen heimlichen Eindruck machen. Die mit einem bedeckten Umlauf versehene starke Stadtmauer, an der ein mit Wasser gefüllter Doppelgraben mit Wall hinlief, ist in neuerer Zeit größtentheils abgebrochen worden; sie trägt an mehreren Stellen die Jahreszahl 1538, vermuthlich das Jahr ihrer Erneuerung und Ausbesserung; auch die an ihr gestandenen acht Thürme, die Thorthürme eingerechnet, sind theils früher, theils neuestens gefallen und nur an der Nordseite hat sich der runde mit einem Zeltdach versehene sog. Henlesthurm noch erhalten, der jedoch vor kurzer Zeit an einen Bürger verkauft wurde. Die Thürme waren zum Theil nach innen offen; die geschlossenen, der Bad-, Weiber- und Jungfernthurm, dienten zugleich als Gefängnisse. Die Stadt hatte drei Thore mit Thorthürmen, das Birnthor an der Nordseite, das Nördlingerthor an der Ostseite, und das schon frühzeitig vermauerte südliche, der ehemaligen Burg gegenüber. Das Birnthor wurde anfangs dieses Jahrhunderts, das Nördlinger im Jahr 1841 abgebrochen. Durch diese Veränderungen verlor die Stadt ihr alterthümliches Ansehen, dagegen ist sie freier, offener und mit den Vorstädten mehr vereinigt geworden. Die Vorstädte, meist aus neueren zum Theil ansehnlichen Gebäuden bestehend, sind: 1) die Nördlinger Vorstadt vor dem Nördlinger Thor; 2) die Aalener Vorstadt vor dem Birnthor, welche das nahe Oberdorf beinahe mit der Stadt verbindet; 3) die alte Neresheimer Vorstadt an der Südwestseite der Stadt; und 4) die neue Neresheimer Vorstadt an der Südostseite; in letzterer zeichnet sich besonders aus das dem resignirten Apotheker Keppler gehörige in einem ansprechenden modernen Stil gehaltene Gebäude, ferner das freundlich über der Stadt beim Bahnhof gelegene Gasthaus mit schöner Aussicht über die Stadt hinweg an den Ipf und in das Eger Thal; ihm gegenüber liegt das stattliche Bahnhofgebäude mit seinen hübschen Gartenanlagen.

Außer dem Bahnhof nennen wir nachfolgende öffentliche Gebäude, die sämtlich Eigenthum der Gemeinde sind:

1. Die dem h. Blasius geweihte Kirche wurde der Hauptsache nach in zwei verschiedenen Zeiten erbaut; ihre ältesten Theile, vielleicht noch ins elfte Jahrhundert zurückreichend, erkennt man noch an dem in den Chor führenden halbrunden Triumphbogen, sowie an der Südseite des Schiffes. Hier wölbt sich nämlich, mit dem Sockel tief im Boden stehend, ein romanisches Rundbogen-Portal in einfachen wenig entwickelten Formen und gearbeitet aus jenem löcherigen aber

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0214.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)