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Das vom Staat zu unterhaltende ziemlich neu gebaute Pfarrhaus liegt ganz am Berge und gewährt eine freundliche Aussicht. Das Schulhaus, im Jahr 1806 neu von der Gemeinde errichtet, enthält ein Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters.

Am südöstlichen Ende des Orts steht das dem Fürsten von Thurn- und Taxis gehörige Schloß, mit einem Eckthürmchen an der Nordostecke; es steht innerhalb eines ansehnlichen Hofraums, der theils von einer Mauer, theils von Ökonomiegebäuden, die zum Schloß gehören, umgeben wird. Im untern Stockwerk hat die Gemeinde ein Lokal für den Gemeinderath gemiethet und das obere Stockwerk ist an einen Ortsbürger nebst dem ansehnlichen mit vielen Obstbäumen bepflanzten Schloßgarten verpachtet. Im Schloß bestand bis zur Ablösung 1851 ein fürstliches Rentamt; noch früher diente es als Sitz des fürstlichen Oberst-Jägermeisters. Das gegenwärtige Schloß, das auf der Stelle der schon 1236 genannten Burg erbaut wurde, scheint noch aus dem Ende des 16. Jahrhunderts zu stammen.

Bei der Buchmühle steht zwischen vier Pappelbäumen die Herrgottsruhkapelle; ihre Gründung soll schon vor 400 Jahren geschehen sein, damals sei die hier entspringende starke Egauquelle ausgeblieben, das Kloster hatte deßhalb eine Procession hieher veranstaltet und der Abt an dieser Stelle die h. Messe gelesen.

Gutes Trinkwasser liefern 5 Pumpbrunnen, wovon 3 im oberen Dorfe sich befinden; durch besonders gutes Wasser zeichnen sich aus der Schloßbrunnen und der Brunnen des Oberbauers Röhm. Von den Quellen auf der Markung wird nur eine, die Skt. Gotthardtsquelle, benützt; sie hat sehr gutes Wasser und liegt 1/8 Stunde vom Ort. Der Hauptbedarf wird aber stets aus der Quellwasser führenden Egau geholt, welche am untern Theil des Dorfes hinfließt und zuweilen verheerend austritt. Eine weitere bedeutende Quelle ist der schon genannte Buchbrunnen bei der Buchmühle.

Die von Dischingen nach Dattenhausen und weiterhin nach Lauingen führende Straße geht hier durch; außer ihr ist eine Vicinalstraße nach Burghagel angelegt. Eine von der Gemeinde zu unterhaltende schöne steinerne Brücke geht am Ort über die Egau; sie wurde 1865/66 mit einem Kostenaufwand von 6000 fl. erbaut. Alle Jahre wird die Egau „gestreift“, d. h. um Dünger zu gewinnen ausgeschlemmt, was allemal zu einem kleinen Volksfeste Veranlassung giebt.

Die Haupterwerbsmittel der fleißigen und geordneten Einwohner bestehen in Feldbau und Viehzucht; von den Handwerkern treiben die meisten noch Landwirthschaft nebenher; Schuhmacher, Schneider und Schlosser sind am stärksten vertreten und arbeiten auch nach außen.

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0207.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)