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weitläufig zwischen Obstgärten hingebauten Häuser sind einzelne im städtischen Stil gehaltene Gebäude gemengt, die ursprünglich der fürstlichen Grundherrschaft gehörten und ihr theilweise noch gehören.

Kirche und Pfarrwohnung befinden sich im Schloß (s. hier. unten); das Schulhaus wurde vor etwa 12 Jahren von einem Privatmann erworben und für seinen gegenwärtigen Zweck gut eingerichtet; es enthält ein Lehrzimmer, die Wohnung des Schulmeisters und die Gelasse für den Gemeinderath. Die ansehnliche Wohnung des fürstl. Wallersteinischen Oberförsters steht beinahe mitten im Ort an der gut unterhaltenen Hauptstraße.

Am westlichen Ende des Orts liegt der ummauerte Begräbnißplatz mit einer sehr ansprechenden im gothischen Stil neu erbauten Kapelle. Eine niedliche Marienkapelle steht auf dem südöstlichen Ausläufer des Schloßbergs, zu der von dem Ort der 1/8 Stunde lange mit Stationen besetzte Kreuzweg durch schattige Waldanlagen führt.

Über dem an sich schon hochgelegenen Dorf erhebt sich, wie schon bemerkt, frei und steil der schön gerundete Schloßberg, auf dessen felsiger Kuppe das dem Fürsten von Oettingen-Wallerstein gehörende Schloß mit seinen hohen Gebäudemassen stolz emporragt. Der Berg selbst, den üppige, zu Parkanlagen sinnig benützte Wälder und Obstbaumgärten umkleiden, sendet namentlich gegen Osten langhinziehende, waldreiche Ausläufer in die Ebene hinab und gewährt von dieser Seite aus einen majestätischen Anblick, wie er überhaupt mit seinem großartigen Schloß eine weithin sichtbare Zierde der Gegend bildet.

Vom Dorf aus führt in großen Windungen eine 1871 sehr schön und zweckmäßig angelegte Fahrstraße und ein kürzerer schattiger Fußpfad durch den Park, an einem steinernen Nepomukbilde vorbei, hinauf zum Schlosse, das einen großen unregelmäßigen Gebäudekomplex bildet, der zum Theil noch die alten aus Buckelsteinen errichteten Umfassungsmauern zeigt und noch stellenweise von einem Graben umgeben wird. Der Zugang geschieht durch das an der Nordostecke gelegene äußere Thor, ein großartiger mit Giganten geschmückter Vorbau, laut Inschrift 1721 von Krafft Wilhelm von Oettingen erbaut; von demselben und in demselben Jahr wurde auch der daranstoßende sich lang gegen Südwesten hinziehende sog. Kavaliersbau, unten mit schön gewölbtem Pferdestall für etwa 30 Pferde, oben mit der Wohnung des Kaplans, errichtet. Durch das äußere Thor in den langgedehnten äußern Hof eingetreten, hat man zur Linken diesen Kavaliersbau, zur Rechten aber sieht man das eigentliche alte Schloß auf felsigem Grund sich erheben. Ein hochgesprengter Thorweg führt von hier in den inneren Hof und enthält innen über dem Eingangsbogen eingemauert ein schön und scharf gearbeitetes

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0199.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)