Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Im Jahre 1836 wurde an der Stelle des alten das neue geräumige Schulhaus erbaut, es enthält 4 Lehrzimmer und 4 Wohnzimmer für den Schulmeister und den Lehrgehilfen; sodann ist ein zweites Gebäude als Wohnung für den zweiten Schulmeister vorhanden.

Ein Gemeindebackhaus mit 2 Öfen besteht.

Der Name Kroatendörflein, wie ein Theil des Ortes heißt, dürfte in keiner, im 30jährigen Krieg erfolgten Niederlassung, vielmehr in einer ironischen Anschauungsweise seinen Grund haben (Memminger Württ. Jahrb. 1848, 191).

Gutes Trinkwasser liefern hinreichend 9 laufende Brunnen, deren Wasser in hölzernen Deucheln hergeleitet wird, und 13 Pumpbrunnen; überdieß ist die Markung mit Quellen, Flüssen und Bächen reich gesegnet; es sind die Steinlach, die zuweilen verheerend austritt, und die Wiesaz, der Burg- oder Weilersbach und der Rhansbach, der in heißen Sommern versiegt, sowie noch andere kleinere Bäche. In der Flur „vor Bach“ findet sich ein sog. Hungerbrunnen.

Neben der im Bau begriffenen Eisenbahn geht die Staatsstraße von Tübingen nach Hechingen hier durch, ferner führen Vicinalstraßen nach Bühl und Gomaringen. Auf der Markung bestehen zwei steinerne Brücken, wovon die große, an der Staatsstraße gelegene vom Staat zu unterhalten ist, ferner befinden sich im Orte 2 hölzerne Brücken und mehrere Stege, und außerdem gehen auf der Markung noch viele Stege über die verschiedenen Bäche.

Die Einwohner, ein gesunder kräftiger Schlag, sind fleißig, betriebsam, geordnet und religiösen Sinnes; gegenwärtig zählen 6 Ortsangehörige über 80 Jahre; die bis dahin übliche kleidsame Volkstracht weicht leider mehr und mehr der städtischen; von Volksbelustigungen hat sich das Eierlesen erhalten. Die frühere malerische Volkstracht zeichnete sich besonders bei dem weiblichen Geschlecht vor andern Trachten des Landes aus; sie bestand in einem kurzen dunkel- oder hellblauen, vielgefältelten Zeugrock, mit einem rothen oder anders farbigen Band eingefaßt; das Mieder war von hellrothem Krepp oder Scharlachtuch und auf dem Rücken mit gelben oder weißen Galonen besetzt, der Goller von weißer Leinwand mit Spitzen gesäumt, wurde um den Hals enge angeschlossen. Die schwarzen Hauben hatten oben eine Masche und waren am Rande mit breiten Spitzen besetzt. Um den Leib wurde ein Gürtel, an Werktagen von Messingdraht, am Sonntage von Sammt mit weißen Buckeln und Knöpfen, getragen.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 369. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_369.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)