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waren in ihrem Fache ausgezeichnete Lehrer. Das ganze 18. Jahrhundert hindurch wurden die mathematischen Studien im Stift mit Vorliebe gepflegt, und es ging daraus eine Reihe von namhaften Mathematikern hervor.

Die Regierung Herzog Karl Eugens schien eine neue Epoche für die Universität begründen zu wollen. Bald nach dem Antritt seiner Selbstregierung 1744 machte er ihr seinen Besuch und übergab dem Senate selbst das Bestätigungsdiplom ihrer Privilegien. Er hörte Vorlesungen an, ließ sich zum Rektor wählen, wiederholte seine Besuche öfters, kam mit glänzendem Gefolge, gab Festmahle, Koncerte, Schauspiele, Bälle, Jagden, wozu er dann Professoren und Studenten einlud, ließ Disputationen und Reden halten und hielt wohl gelegentlich selbst auch Reden. Ihm zu Ehren erweiterte die Universität, die zum Andenken an ihren Stifter Eberhardina hieß, ihren Namen in Eberhardina Carolina. Ausführliche Visitationsrecesse vom Jahr 1744 und 51 und neue Statuten vom Jahr 1752 und 1770 vermehrten die bisherigen Universitätsgesetze mit allerlei neuen Bestimmungen. Aber die Gunst erwies sich nicht als beständig; kurz nachdem das dritte Jubiläum der Universität im Jahr 1777, durch Anwesenheit des Herzogs verherrlicht, mit Glanz gefeiert worden war, erstand in der 1781 zur Akademie erhobenen Karlsschule eine gefährliche Rivalin, welche die Frequenz Tübingens bedeutend herabdrückte. Die Juristen und Mediciner studirten nun fast alle auf der hohen Karlsschule in Stuttgart; nur die Theologen verblieben, da die Karlsschule keine theologische Fakultät hatte. Der Senat machte 1788 Vorstellungen, man wagte jedoch nicht zu gestehen, daß Tübingen bereits große Einbuße an Frequenz erlitten habe, sondern beschränkte sich darauf, die Gnade des Herzogs um fernere Erhaltung des bisherigen Flors der Universität anzurufen. Man war ängstlich gespannt auf Antwort, da keine kam, monirte man, es erfolgte aber nichts als eine herzogliche Verordnung, daß kein Inländer die juristischen und medicinischen Vorlesungen in der Karlsschule von der Stadt aus sollte besuchen dürfen. Übrigens dauerte die Rivalität zum Glück nicht lange, denn Herzog Karl starb 1793 und sein Nachfolger hob die Akademie sogleich auf.

Während des Bestehens der Karlsschule war Tübingen beinahe zu einer theologischen Specialschule geworden. Dazu kam, daß die theologische Fakultät eben damals eine sehr bestimmte Richtung vertrat und durch die Zusammenstimmung ihrer Mitglieder ein geschlossenes, in sich einiges Ganze bildete. Der Begründer und Führer

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_289.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)