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1712 angestellt. Das Studium der Anatomie, dem es freilich sehr an Material fehlte, wurde von einem jungen Mömpelgarder, Joh. G. Duvernoy, eifrig gefördert; unter seiner Leitung begann 1723 der nachher so berühmt gewordene Albrecht Haller seine medicinischen Studien. Leider wurde Duvernoy schon nach einigen Jahren durch einen Ruf nach Petersburg der Universität Tübingen entführt. Der Richtung des oben erwähnten E. R. Cammerer gehört auch B. D. Mauchart an, der von 1726–1751 Professor der Anatomie und Chirurgie, und seit 1727 auch herzoglicher Leibarzt war. Derselbe legte sich besonders auf Augenheilkunde und hat in seinen zahlreichen Dissertationen einzelne Fälle von Augenkrankheiten und deren Heilmethode mit einer Genauigkeit und Sachverständniß beschrieben, die noch heutigen Augenärzten überraschend und lehrreich ist.

Auch namhafte Naturforscher sehen wir von Tübingen ausgehen, so Joh. G. Gmelin († 1755) und sein Neffe, Samuel Gottl. Gmelin († 1774). (Über beide s. oben S. 264 ff.) Auch die Grundlage naturwissenschaftlicher Studien, die Mathematik, war damals in Tübingen gut vertreten. G. Friedr. Bilfinger, der 1721 als außerordentlicher Professor der Philosophie angestellt wurde, aber seinen theologischen Kollegen sehr unbequem war, weil sie fürchteten, er könnte die Grundsätze der Leibnitzischen Philosophie, zu der er sich bekannte, und sein kritisches Talent auch auf die Theologie anwenden wollen, war ein ausgezeichneter mathematischer Kopf, von vorherrschend praktischer Begabung. Da seine Collegen ihn nicht zum Ordinarius vorrücken lassen wollten, machte ihn der Herzog zum Professor der Mathematik am Kollegium illustre, aber seine Stellung in Tübingen war schon verdorben, und er folgte 1725 einem Ruf nach Petersburg, wohin damals der Zug der Württemberger stark ging. Dort legte er sich besonders auf Kriegswissenschaft und schrieb mehrere werthvolle Schriften über Befestigungskunst, kam aber doch wieder nach Tübingen, wo er einige Jahre Ephorus des Stifts war, was er jedoch nicht lange blieb, da er als Geheimer Rath nach Stuttgart gezogen wurde. Sein Nachfolger als Mathematiker in Tübingen aber wurde ein Joh. Kraft, der auch den Anfang seiner akademischen Laufbahn in Petersburg gemacht hatte und als ausgezeichneter Lehrer gerühmt wird; unter ihm wurde 1752 ein astronomisches Observatorium erbaut. Auch seine Nachfolger Johann Kies und Christoph Friedr. Pfleiderer, der zuerst 15 Jahre lang an einem Kadetteninstitut in Warschau gelehrt hatte und 1781 Professor in Tübingen wurde, und Joh. Gottfr. Bohnenberger (1798–1831),

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_288.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)