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hatten, wurde das Gericht (wie die anderen im Reiche zerstreuten kaiserlichen Gerichte dieser Art) zu einer Anomalie. Seit dem 15., besonders aber dem 16. Jahrhundert häuften sich denn auch die Beschwerden gegen dasselbe; es wurde ihm namentlich schlechter Proceßgang, zu große Ausdehnung der Ehehaften, Nichtberücksichtigung der Exemtionsprivilegien (dem Gericht war es eben wohl vor Allem um die Sporteln zu thun) vorgeworfen, die höheren Stände wollten ihm schon deßhalb nicht gehorchen, weil es meist mit Personen geringeren Standes besetzt war, und der Jurisdiktionsstreitigkeiten gab es unzählige.[1] Nicht nur der Bundschuh zu Lehen (bei Freiburg im Breisgau) vom J. 1513 forderte die Befreiung von dem Rottweiler Hofgericht (Ruckgaber 2a, 100), eine Reformation des Verfahrens ward auch von den Kaisern und Reichstagen öfters in Aussicht genommen. So sagte der Reichsabschied zu Nürnberg von Galli 1438 eine Erläuterung und Bezeichnung der Competenz „der Landgerichte Franken, Nürnberg und Rottweil“ zu[2], und auf dem Mainzer Reichstage von 1517 verlangte zunächst der Ausschuß ein „erkorn leidlich Ordnung oder Maas“ für das Gericht, dann der Reichstag selbst, ebenso die Reichstage von Augsburg vom J. 1518 und von Worms vom J. 1521. Auf dem Reichstage zu Regensburg von 1532 wurde beschlossen, daß das Gericht eine Ordnung verfassen und den Visitatoren des Reichskammergerichts vorlegen möge.[3] Aber erst auf Grund des Reichstagsbeschlusses von Speier vom J. 1570 §§ 71–73, wornach der Kaiser versprach, das Hofgericht visitiren zu lassen, mit verständigen Urtheilern zu besetzen und mit einer neuen Ordnung zu versehen, wurde eine solche ausgearbeitet und im J. 1572 publicirt. Bei Abfassung des Westphälischen Friedens wurde von den Evangelischen zwar die Abschaffung dieses Gerichts wie die der anderen kaiserlichen Gerichte dieser Kategorie in Anregung gebracht, bei dem Widerspruche der Kaiserlichen und Katholischen aber die Sache wieder für die nächsten Reichstagsverhandlungen zur Berathung ausgesetzt (Instr.


  1. So z. B. mit dem Landgerichte im Oberelsaß, welches das Rottweiler Hofgericht sogar in die Acht sprach und erst nach wiederholten Befehlen K. Sigmunds, die übrigens diese Ächtung für ungültig erklärten, den 29. Okt. 1436 in seinem Achtbuche strich.
  2. Neue und vollständige Sammlung der Reichstagsabschiede (1747) 1, 161.
  3. Bei den verschiedenen Anfechtungen und Kämpfen, die das Gericht somit zu bestehen hatte, ließ es den 19. Dec. 1551 durch einen von K. Karl V. den 25. Sept. d. J. eingesetzten Commissär den Rottenburger Stadtschreiber Joh. Peter Zeir in Rottweil eine Reihe von Zeugen zum Zweck des ewigen Beweises über seinen Rechtsbestand, seinen Bezirk u. s. w. vernehmen.
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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0303.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)