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mit steinernen Platten zu belegen (s. Ruckgaber II. 1, 321). Das Schiff der alten Kirche sei 80 lang, 33 breit und 54 Schuh hoch gewesen. Die nördlich an den Chor stoßende Sakristei zeigt noch einige gothische Fenster und in einer Nische ein Steinbild der Maria. Das Innere der jetzigen bedeutend breiteren Kirche macht einen weiten, lichten, heiter festlichen Eindruck, das Langhaus ist dreischiffig mit hohen viereckigen Pfeilern und mit Pilastern an den Wänden, der Chor einschiffig und alles mit flach gespannten Gewölben bedeckt, die ganz mit Ornamenten und Freskobildern geschmückt sind. Der Baumeister der Jesuiten war Pater Joseph Guldimann.

Die Kirche besitzt drei kolossale von Gold strahlende Rococoaltäre mit sehr großen schönen Ölgemälden, die an die spanische Malerschule erinnern. Der Hochaltar (im Chore) ruht noch auf dem ursprünglichen großen steinernen frühgothischen Altartisch, der innen einen bedeutenden kryptaähnlichen, an der Rückseite durch drei Spitzbogenthürchen zugänglichen Raum bildet. Die Kanzel ist in sehr reichem Rococo gehalten, und die Kirchenbänke, aus derselben Zeit, sind gut und reich geschnitten. Rings um den Chor her läuft eine Gallerie im Rococostil, worin zahlreiche Porträtsbilder der Jesuitengenerale aufgehängt sind.

Der Thurm, der früher auf drei Seiten offen war und sich gegen die vierte Seite, die Kirche, mit einem großen Bogen öffnet, bildet unten eine schöne Kapelle, übersprengt von einem hohen kraftvollen Rippenkreuzgewölbe mit prächtiger Blattrosette als Schlußstein, und gibt eine Ahnung davon, wie schön einst die ganze Kirche überwölbt war. Die Kapelle ist mit späten Freskogemälden geziert und enthält auf ihrem an der Nordwand stehenden Altar eine edle altgothische in Holz geschnitzte Pieta und darüber einen sehr großen Christus am Kreuz aus derselben Zeit. An der Westwand steht eine spätgothische steinerne Maria von geringem Kunstwerth. Vor Zeiten floß in dieser Thurmkapelle ein für heilkräftig geltender Brunnen. Die folgenden drei Stockwerke des Thurmes waren auch von Rippenkreuzgewölben überspannt, aber nur das Gewölbe des dritten Stockwerks erhielt sich, von den anderen sieht man noch die schönen Gewölbanfänge; das oberste fünfte Geschoß des Thurmes hatte, wie z. B. der des Freiburger Münsters, den offenen durchbrochenen Steinhelm über sich, so daß alles Holzwerk vermieden war (s. auch oben Seite 187).

Von den vier mit schwer leserlichen Umschriften versehenen Glocken im vierten Geschoß des Thurmes ist die größte die älteste und etwa gleichzeitig mit den unteren Geschossen; sie hat in schönen gothischen Majuskeln die Umschrift: o rex glorie criste veni cum pace und die

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0190.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)