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Nachbarorte gemacht werden. In einigen Orten besteht die Sitte, daß ein aus dem Dorf oder in das Dorf fahrender Brautwagen mittelst einer quer über die Straße gespannter Schnur unter Hersagen des Spruchs:

„Es gehen drei Gsellen über Land
I glaub si häben en guete Verstand.
I thät si bitten in Ehren
Si sollene au epes in d’Reiste verehren“,

so lange scheinbar angehalten wird, bis man den Anhaltenden ein Trinkgeld reicht. Auf dem Brautwagen muß die Nätherin sitzen und vorne auf demselben ist in der Regel die Wiege angebracht. Die Hochzeiten werden meistens am Dienstag gehalten, am Mittwoch dagegen niemals, weil sich an diesem Tage, nach dem Volksglauben, Judas gehängt hat; auch am Freitag finden keine Hochzeiten statt.

Bei Taufen wird in der Regel nach der Tauffeierlichkeit den Pathen und Anverwandten ein kleiner Taufschmaus oder eine sogen. Taufsuppe im Hause der Wöchnerin oder noch häufiger im Wirthshaus gegeben. In Böhringen nimmt der Pathe den Säugling auf die Arme und trägt ihn um den Hochaltar, vor dem er eine Zeitlang niederkniet.

Das Schießen von den ledigen Burschen an Taufen und Hochzeiten ist noch ziemlich allgemein, jedoch auch im Abnehmen.

Die Leichenbegängnisse werden mit Ernst und Würde nach der kirchlichen Vorschrift gehalten; in der Klage (Leichenzug) gehen die leidtragenden Männer voran, ihnen folgen die übrigen männlichen Personen, an welche sich alsdann die leidtragenden weiblichen Personen nebst den andern anschließen. Bei den Katholiken wird während des Gangs auf den Friedhof laut gebetet, und dann am Grabe von dem Ortsgeistlichen eine Rede gehalten; in dem protestantischen Schwenningen findet unmittelbar nach dem Leichenbegängniß ein Kirchgang statt, wo dann in der Kirche eine Predigt von dem Ortsgeistlichen gehalten wird. Die früher allgemein üblichen Leichenschmäuße nach dem Trauergottesdienst sind in den meisten Orten abgegangen oder sehr vereinfacht worden. In Böhringen besteht die Sitte, daß man bei Leichenbegängnissen auf jede Ecke des Sarges je ein Sechskreuzerstück legt, welche alsdann die Träger, bevor sie den Sarg aufheben, zu sich nehmen.

Von den Volksspielen ist das Kegelschieben allgemein, auch das Scheibenschießen wird nicht allein in der Oberamtsstadt, sondern auch in einigen Landorten gepflegt; dagegen ist das Kartenspiel seltener als in vielen Gegenden des Landes.

Am Nikolaustag geben die Eltern den Kindern Eßwaren und

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0104.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)