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finden 12 Wittwen, mit oder ohne Kinder, ihr Unterkommen. – Im Ort befindet sich ein praktischer Arzt und eine Filialapotheke; auch ist ein Gemeinde-Backofen u. s. w. vorhanden.

Als Gasthaus wird das an dem Schloßplatz stehende vormals Görlitz’sche Schloß benützt.

Die Einwohner, welche sich aus verschiedenen Gegenden des In- und Auslandes hier ansiedelten, sind sehr fleißig, gottesfürchtig, friedlich und eingezogen; ihre Vermögensumstände gehören im Durchschnitt zu den mittelmäßigen und ihre Haupterwerbsmittel bestehen in Ackerbau, mit Viehzucht und etwas Weinbau.

Die, mit Ausnahme der Weinberge ziemlich ebene Ortsmarkung, gehört zu den kleinsten des Bezirks und hat im Allgemeinen einen etwas schweren, eher trockenen als feuchten Thonboden, dessen Unterlage theils aus Keupermergel mit Gyps, theils aus reinem Thon besteht. In nassen Jahrgängen, in welchen namentlich der Dinkel besonders gut gedeiht, ist er daher ergiebiger als in trockenen. Die Luft ist etwas trocken und scharf, da dieselbe von Osten nach Westen ungestört das nach diesen Richtungen geöffnete Thal durchströmen kann; dennoch sind Fröste selten, insofern die Lage gegen Norden durch Berge geschützt ist; ebenso kommt Hagelschlag nicht häufig vor, da die Wetterscheide am Engelberg und die im Süden ziehenden bewaldeten Höhen ableiten.

Obgleich die Bodenverhältnisse nicht zu den günstigen gehören und die Felder zur Zeit der Gründung der Gemeinde größtentheils öde lagen, so hat doch der Fleiß und die Umsicht der Einwohner die Landwirthschaft dermaßen gehoben, daß gegenwärtig kein Stückchen Land mehr unbebaut ist und sich über 100 Familien von den Erzeugnissen der Markung ernähren, während diese früher kaum für 10 hinreichten. Landwirthschaftliche Verbesserungen, wie zweckmäßig angelegte Düngerstätten, Benützung der Jauche, der sogenannte Suppinger Pflug u. s. w. haben längst Eingang gefunden.

Im System der Dreifelderwirthschaft baut man Dinkel, Weizen, Hafer, Gerste und in der beinahe ganz angeblümten Brache Kartoffeln, Angersen, rothen Klee und Luzerne. Hanf wird nur für das eigene Bedürfniß in Ländern gezogen; auf den Morgen rechnet man durchschnittlich: Aussaat an Dinkel 1 Schffl., an Weizen 21/2 Sri., an Hafer 4 Sri. und an Gerste 3 Sri.; der Ertrag wird zu 6–8 Schffl. Dinkel, 4 Schffl. Weizen, 5–6 Schffl. Hafer und 4–5 Schffl. Gerste per Morgen angegeben. Die Anschlagspreise der Äcker sind 100–300 fl. per Morgen. Der Getreideverkauf nach Außen ist unbedeutend, wie überhaupt die Felderzeugnisse meist im Ort selbst verbraucht werden; Stroh wird zum Theil noch auswärts aufgekauft.

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_178.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)