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Ostseite des Thurmes hinausreicht. Das Netzgewölbe des Chors hat in der Richtung von Westen nach Osten auf den Schlußsteinen folgende Figuren: 1) das Wappen des Klosters Herrenalb, 2) ein aus Wolken herausreichender Arm, welcher ein Kreuz hält, und 3) ein Abt. Die drei schmalen, spitzbogigen Fenster haben in den Bogentheilen schöne Füllungen, auch einige im Chor stehende Chorstühle sind nicht ohne Kunstwerth. An der südlichen Innenseite des Langhauses ist ein aus Stein gearbeiteter Ölberg angebracht. Von den vorhandenen zwei Glocken ist die eine 1557 gegossen, und die andere, deren Schriftzüge nicht mehr zu entziffern sind, wohl die älteste im Bezirk.

Das 1567 erbaute und 1824 renovirte Pfarrhaus, dessen Unterhaltung dem Staate obliegt, bildet mit dem Ökonomiegebäude und dem ummauerten Hofraum einen wohlerhaltenen Pfarrsitz. Der mit einer Mauer umfriedigte Begräbnißplatz liegt um die Kirche. Das Schulhaus mit Lehrerwohnung steht auf einem freien Platze in der Mitte des Orts.

Neben der Volksschule, an welcher nur 1 Lehrer unterrichtet, besteht auch eine Industrieschule. Das 1609 erbaute, gut erhaltene Rathhaus wurde vor etwa 30 Jahren einem Ortsbürger abgekauft.

Die etwas unebene kleine Feldmarkung hat im Allgemeinen einen ziemlich unfruchtbaren Boden; im Thale und an den Thalabhängen, wo die oberen Schichten des bunten Sandsteins zu Tage gehen, ist derselbe sandig-thonig, über diesen folgen die sehr unergiebigen Verwitterungen des Wellenmergels, auf den Höhen aber lagert ein leichter, kalkhaltiger, etwas fruchtbarer Boden. Dinkel und Hafer gedeihen in etwas nassen Jahrgängen am besten. Die Luft ist ziemlich feucht, jedoch nicht ungesund; Frühlingsfröste und schädliche Thaue wirken häufig nachtheilig, daher auch das Obst nicht gerne gedeiht. Hagelschlag kommt selten vor, da der nahe gelegene Schwarzwald als Ableiter zu betrachten ist.

Bei diesen ungünstigen Verhältnissen ist es erklärlich, warum die Einwohner, deren Erwerbsquellen auf Feldbau und Viehzucht sich beschränken, trotz ihres Fleißes und ihrer eingezogenen Lebensweise, in den Vermögensumständen sehr zurück sind und die Zahl der Armen die der Bemittelten übersteigt.

Namentlich steht die Landwirthschaft wegen der ungünstigen klimatischen und Bodenverhältnisse auf einer niedern Stufe; in Ermangelung von Waldstreu zu Vermehrung des Düngers wird zur Besserung des düngerbedürftigen Bodens außer dem gewöhnlichen Stalldünger der Pferch, etwas Gyps, Asche, Kompost und ziemlich viel Jauche angewendet. Im üblichen Dreifeldersystem baut man Dinkel, Hafer, Roggen und nur wenig Gerste; im Haferfeld auch Kartoffeln und Futterkräuter. In der nur zu 1/10 angeblümten Brache werden Futterkräuter und Kartoffeln

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_139.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)