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Christoph Friedrich von Stälin: Beschreibung des Oberamts Geislingen

insbesondere die Stiftungen von Geislingen, Wiesensteig, Ulm im Besitze von Gefällen.


B. Lehens- und Leibeigenschaftswesen, Lehens- und Grundlasten und vogteiliche Abgaben.

Was die Leibeigenschaft betrifft, so war in den früher ulmischen Orten die Lokal- und Personal-Leibeigenschaft, wobei zu bemerken, daß in der Amtsstadt Geislingen die Lokal-Leibeigenschaft, in den Amtsorten aber die Personal-Leibeigenschaft bestand. In ältern ulmischen Rechnungen wird letztere theils als helfensteinisch, theils als werdenbergisch bezeichnet. Beide Arten wurden schon unter Baiern aufgehoben, dagegen das Familienschutzgeld eingeführt. In dem Bezirk der Herrschaft Wiesensteig war mit Ausnahme des Ortes Deggingen, welcher nach der Bestimmung des Saalbuchs lokalleibeigen war, die Personal-Leibeigenschaft eingeführt; sie wurde erst im Jahr 1818 aufgehoben. In den grundherrlichen Orten bestand die Leibeigenschaft (theils Lokal- theils Personal-Leibeigenschaft) nur in der Herrschaft Rechberg und auch hier nicht allgemein, wenigstens nicht in Böhmenkirch und Weißenstein; im Jahr 1808 wurde sie ohne Substituirung von Surrogaten aufgehoben.

Im Oberamtsbezirk finden sich die Hauptformen des getheilten und unvollkommenen Eigenthums, die Falllehen, Erblehen und Zinsgüter, fast in jeder Gemeinde beisammen. Die ersteren waren vorherrschend in dem vormals wiesensteigischen Bezirk, weniger zahlreich waren sie in den früher ulmischen Orten, in diesen bestanden vorzugsweise Erblehen; die Zinsgüter waren übrigens schon frühzeitig in beiden Bezirken sehr häufig. Neben Helfenstein und Ulm besaßen die Klöster Blaubeuren, Kaisersheim und Königsbronn, namentlich aber das Collegiatstift und das Frauenkloster Wiesensteig in den Orten des Oberamts viele einzelne Fall- und Erblehen. In den rechbergischen und degenfeldischen Besitzungen zu Donzdorf, Eybach und Weißenstein bestanden ebenfalls Fall- und Erblehen bis zur neuesten Zeit neben einander.

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Christoph Friedrich von Stälin: Beschreibung des Oberamts Geislingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1842, Seite 083. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAGeislingen_083.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)