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des Lebens verkümmert sind, wie in manchen Orten des Roththales, herrscht, zumal dem angrenzenden Oberamte Hall gegenüber, auffallende Stille.

Hat der Landmann seinen eigenen Herd gegründet, so setzt sich in der Regel der Vater auf den Ausding, d. h. er bedingt sich neben freier Wohnung für sich, seine etwa noch lebende Frau und unversorgten Kinder ein gewisses Leibgeding an Früchten und anderen Bedürfnissen, behält sich wohl auch noch gewisse Grundstücke vor und übergibt das Gut um einen bestimmten „Anschlag“ dem Sohn, oder nach Gelegenheit einer Tochter, wogegen die übrigen Geschwister mit ihren Heirathgütern auf das Hofgut versichert werden.

Wie Tracht und Sitten, so nähert sich auch die Mundart im nördlichen Theile mehr der fränkischen, im südlichen aber der schwäbischen Sprachweise. Sie hat manche alte, dem Sachsen oder Rheinländer unverständliche, Wörter und Formen.

Um von den in Vorstehendem zunächst berührten vormaligen Limpurgern in Ansehen der Sitten und Gebräuche auf die Einwohner des jetzigen Oberamtsbezirks überhaupt überzugehen, geben wir nachstehende neuere Schilderung, welche von einem Geistlichen entworfen ist, der vielfache Gelegenheit zu eigenen Wahrnehmungen hatte.

„Ein wesentlicher Unterschied fällt dem Beobachter sogleich in’s Auge einerseits zwischen der an die alt-württembergischen Bezirke, sowie an die Oberämter Gmünd und Welzheim, andererseits zwischen der gegen Hall grenzenden Bevölkerung. Ferner ist eine Grenze zu ziehen zwischen den Bewohnern des Hirten-Cantons, des Waldgebiets und der Stadt.

Was zuerst die Mundart anbelangt, so ist solche in den an das Oberamt Welzheim grenzenden Waldorten der Repräsentant der äußersten schwäbischen Härte und Breite, und ein Bauer aus jener Gegend glaubt seine Erzählungen nicht augenscheinlicher machen zu können, als wenn er sie mit tausend: „Sa e, haun e gsait“ durchspickt. Demgemäß ist auch der Menschenschlag: handfest, rauh, derb, fleißig, aber eigennützig; im Handel, dem er namentlich in Holz, Vieh, Schnittwaaren, Pfählen sehr ergeben ist, speculativ, nicht ohne Hinterlist; in Sitten, wenn gleich manche noch eine gewisse altväterliche Ehrbarkeit behaupten, ziemlich ungebunden; die Tracht bei den Männern die des Welzheimer Waldes, dunkelblaue oder braune Röcke aus selbstgezogenen Stoffen mit rothem oder hellblauem Unterfutter, kurze lederne Beinkleider und kurzhinaufreichende Stiefel, oder dunkle Strümpfe von nicht näher zu bezeichnenden Farben, auf dem Kopf der unvermeidliche Dreimaster. So besucht er die Märkte zu Welzheim, Gschwend, Gaildorf und Hall, wo er sich’s wohl seyn läßt, doch nicht ohne zu rechnen, und, da er auf diese meistens Vieh hin und wieder treibt, einen über die Gebühr langen

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Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Gaildorf. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 040. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAGaildorf_040.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)