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gegenüber ist zu sagen: das Volk zeigt sich im Großen und Ganzen kirchlich-religiös gesinnt. Gottesdienst und Sakrament werden hochgehalten, die Hausandacht ist nach väterlicher Weise festgehalten. Ja, während nur vereinzelt Hand in Hand mit ökonomischem Rückgang die alte Kirchlichkeit gesunken, ist in den letzten Jahrzehnten in das kirchliche Leben des Bezirks ein frischerer lebensvollerer Geist gekommen. Wahr ist, der Aberglaube ist theilweise noch sehr stark eingewurzelt, aber welcher Bezirk hat nicht ähnliche Erscheinungen aufzuweisen?

Als Bürger ist der Franke des Bezirks leicht zu leiten. In seiner ganzen Art und Lebensanschauung liegt ein konservativer Zug, der sich im Leben der Gemeinden stark geltend macht, in der älteren Generation die Erinnerung an den „Markgrafen“ lange erhalten hat, aber in Zeiten, welche viele Änderungen und Neuerungen in der Gesetzgebung mit sich bringen, in die Arme der Oppositionsparteien treiben kann. Der Obrigkeit und den Gerichten wird die richtige Behandlung der Bevölkerung nicht erschwert. Prozeßsucht ist eine vereinzelte Erscheinung, die theils in den Handelsverhältnissen, theils auch im ökonomischen Rückgang einzelner Gemeinden ihren Grund hat.

Fleiß, Arbeitsamkeit und Betriebsamkeit sind zu rühmen. Im Sommer darf man nur ins Bett „knieen“. Nach dem anstrengenden Sommer genießt die Bevölkerung die behagliche Winterruhe und sammelt neue Kraft durch kräftigere Nahrung.

Im Umgang ist der Franke des Bezirks zuvorkommend, dienstfertig, bescheiden, redselig, jedem seine Ehre gebend, ja womöglich etwas dazuthuend, aber auch für sich die gebührende Ehre erwartend. Eine alte Chronik rühmt „die leutseligen Burger zu Crailsheim, mit denen wohl zu handeln und umzugehen ist,“ und die erwähnte Schilderung von 1844 sagt: „Der Schwabe läßt den Fremden stehen, der Franke kommt entgegen und zuvor, der innerliche Anschluß ist für beide gleichermaßen erst Folge und Entwicklung wesentlicher Zusammengehörigkeit und längerer Bekanntschaft. Die äußere Zuthunlichkeit, mit welcher der Schwabe höchstens aufhört, ist bei dem Franken gleich der Anfang und damit noch nicht so wie dann beim Schwaben endlicher Ausdruck innerlichsten Zusammenschlusses.“

Die alte stattliche Tracht mit ihren soliden Stoffen ist nahezu ganz verschwunden. An der Stelle des Dreispitzes ist der schwarze niedere Hut, an die Stelle der Pelzkappe die Tuchkappe getreten. Der Sonntagsmutzen (Rock), früher aus selbstgemachtem, lebenslänglichem

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Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Crailsheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1884, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OACrailsheim0108.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)