Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
17. Sindelfingen. 227


Lehre der Bucharznei, Chorherr des Stifts zu Sindelfingen (Schannat Sammlung alter historischer Schriften 1, 148). In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts lebte hier ein ausgezeichneter Annalist, der Stiftsherr Conrad von Wurmlingen, welcher nicht nur für die Schicksale des Stiftes, sondern auch für die schwäbische Geschichte seiner Zeit überhaupt sehr schätzbare Aufzeichnungen niederschrieb. (Ausgaben: Chronici Sindelfingensis quae supersunt primum edidit Car. Frid. Haug. Tubingae 1836. 4., und bei Böhmer Fontes 2. 464–472.)

Die Stiftsgüter lagen bei Böblingen, Altdorf, Dagersheim, Darmsheim, Deufringen, Ehningen, Maichingen und Neuweiler; im Oberamt Leonberg: bei Leonberg (nebst Kirche), Hirschlanden, Weil dem Dorf (dortige Kirche einverleibt 1243); im Oberamt Stuttgart: bei Feuerbach (Kirche incorporirt 1421), Vaihingen (Kirche incorporirt 1439); im Oberamt Nürtingen: die Kirche in Neckarthailfingen (erworben 1428); im Oberamt Canstatt: bei Canstatt; im Oberamt Besigheim: bei Wahlheim etc.

Als Graf Eberhard im Bart in Tübingen eine Universität gründen wollte, erhielt er auf seine Bitte von Papst Sixtus IV. die Erlaubniß 8 Canonicate sammt der Propstei und 8 Caplaneipfründen und zwei Drittheile des Stifts für diesen Zweck zu verwenden, und verlegte im Jahre 1476 das Stift nach Tübingen. In Sindelfingen errichtete er mit einigen wenigen Abfällen des alten stiftischen Besitzes, statt des frühern weltlichen, ein regulirtes Chorherrnstift, welches er und seine Mutter Mechtild den 1. August 1477 von Frohndiensten, Atzung und Steuern freiten; dieser neuen Stiftung gilt folgende am Eingang in den Klosterhof befindliche Gedächtnißtafel, welche zwei vor dem Bilde des Erlösers knieende Personen in erhabener Arbeit darstellt und folgende Inschrift trägt: ILLVSTRISSIMA DNA MECHTILDIS NATA PALENTINA RENI AC ARCHIDVCISSA AVSTRIAE ET ILLVSTRIS EBERHARDVS COMES DE WIRTEMBERG ET EJVSDEM FILIVS HVJVS SACRI COENOBII POST PRIORIS COLLEGII TRANSLATIONEM AD TUWINGEN RESTAVRATORES ATQVE CANONICAE REGVLAE INSTITVTORES ANNO DOMINI MCCCCLXXVII. Bei der Reformation wurde dieses Stift aufgehoben.

Außer dem Stifte befand sich in Sindelfingen noch ein Barfüßermannskloster, das übrigens von keiner Bedeutung war. (Besold. Virg. 561.)

In protestantischer Zeit wurde neben der Stadtpfarrei im Jahre 1557 ein Diaconat gegründet.


Empfohlene Zitierweise:
Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 227. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen227.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)