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226 Ortsbeschreibung.


Jahre 1786 die älteste Windmühle in Altwürttemberg erbaut wurde. (Schwäb. Chronik 1786. S. 27.)

Das merkwürdigste von Sindelfingen ist das dortige, ursprünglich weltliche Chorherrnstift. Es war, wie schon erwähnt, zuerst ein Benediktinerkloster hier, aber der Stifter des Klosters selbst verpflanzte noch die hiesigen Benediktiner nach Hirschau und setzte 1066 weltliche Chorherren an deren Stelle. Er ließ eine Stiftskirche, das noch jetzt stehende Gebäude, romanischen Styls, erbauen, welches am 4. Juli 1083 durch den Erzbischof Gebhard von Salzburg und den Bischof Adelbero von Würzburg dem heiligen Martin zu Ehren geweiht wurde (Schickardt, Diaconus in Sindelfingen, Jubelpredigt auf das zurückgelegte 7. Jahrhundert der Kirche zu Sindelfingen, nebst einer kurzen Geschichte derselben. Stuttgart, Erhard. 8.); damals war übrigens der Bau noch nicht vollendet und die Crypte wurde erst im Jahre 1110 durch den Bischof Gebhard von Constanz in Anwesenheit des Bischofs Adalbert von Worms dem heil. Johannes zu Ehren eingeweiht. Neben der Kirche baute sich der Stifter ein Wohnhaus.

Die Oberaufsicht über das Stift führte der Bischof von Constanz, welchem es ein Viertel Mark Silbers jährlich zu reichen hatte; in der Urkunde Kaiser Friedrichs I. von 1155 November 17. für das Hochstift Constanz wird diese Abgabe, welche den Constanzer Domherrn zu Gut komme, ausdrücklich erwähnt.

Die Schirmvogtei hatten ursprünglich die Grafen von Calw, dann Herzog Welf VI. († 1191), hierauf die Pfalzgrafen von Tübingen, von welch letzteren das Stift viel zu leiden hatte. Als nach dem Anfang des 14. Jahrhunderts die von Rechberg die Schirmvogtei überkamen, hörten zwar die Plackereien auf, dagegen wurde wegen der Anhänglichkeit Ulrichs von Rechberg des jüngern an König Ludwig den Bayer das Stift wie die Stadt mit dem Interdict belegt, welches erst 1349 durch Vermittlung des Grafen Götz von Tübingen, der im Jahre 1345 deßhalb an den päpstlichen Hof gereist war, aufgehoben wurde. (Sattler Grafen 1, 150.) Im Jahre 1351 gelangte diese Schirmvogtei an Württemberg.

Die Reihe der hiesigen Pröbste eröffnen Buggo, Wolfram, Friedrich, Gotfried, Philipp, durch seine Mutter Luitgard Enkel des Pfalzgrafen Gotfried von Calw etc. (die folgenden siehe in der Chronik Sindelfingens S. 4 ed. Haug und Sattler topogr. Gesch. 327).

Sindelfingen besaß eine Lehranstalt von umfassendem Plane, in welcher auch z. B. Arzneikunde gelehrt worden zu seyn scheint. Im Jahre 1427 kommt vor: Albert Bluminger, rector scholarum ecclesie in S. et notarius publicus, im Jahre 1432: Meister Johann Spenlin Probst zu Stuttgart, Baccalaureus göttlicher Kunst und


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Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 226. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen226.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)