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214 Ortsbeschreibung.


Das untere steinerne Stockwerk hat zwei spitzbogige Eingänge, von denen die eichene Thüre des südwestlichen mit gutem Schnitzwerk verziert ist. Die obern Stockwerke zeigen einen äußerst soliden Eichenholzbau und zwischen dem nicht übertünchten, schön gefügten Gebälke noch Spuren von ehemaliger Bemalung. Im Innern ist noch die alte Einrichtung so ziemlich geblieben, auch die Küche und der Tanzboden, auf dem früher die Tänze bei Hochzeiten und bei dem sogenannten Kuchenritt (s. u.) abgehalten wurden, sind noch vorhanden. Ein Nebenhaus, das zum Rathhaus gehörte und durch einen bedeckten Gang mit demselben verbunden ist, wurde nach einer in das solide eichene Gebälk eingesetzten Jahreszahl 1592 erbaut und trägt ebenfalls schöne Spuren von blumenreicher Tünchung.

4) Dem alten Rathhaus gegenüber steht das frühere Amthaus.

5) Das öffentliche 1838/39 erbaute Backhaus enthält im untern Stock 5 Backöfen, im zweiten 3 Zimmer für die Industrie-und Kleinkinderschule.

6) An der Schwippe in der untern Vorstadt baute die Gemeinde 1837 ein öffentliches Waschhaus mit 6 Kesseln.

7) Ein Armenhaus steht in der Vorstadt; der Farrenstall im Klosterhof.

Von Privatgebäuden sind besonders hervorzuheben: das Gasthaus zum Schwanen, die Apotheke von Selzlin und das Fabrikgebäude von Heid und Spring.

Nach der Sage soll das Kaufmann Neef’sche Haus ein Nonnenkloster gewesen seyn, was übrigens unrichtig zu seyn scheint, da Sindelfingen nie ein Nonnenkloster, dagegen aber ein Benedictinerkloster hatte; letzteres mag in dem Neef’schen Hause, dem man das Klösterliche wohl ansieht, bestanden haben. Noch geht ein unterirdischer Gang von dem Keller des ehemaligen Chorherrnstifts bis zu dem Keller des Neef’schen Hauses, der sowohl an seinem Anfang als an seinem Ende noch sichtbar ist und überdieß an mehreren anderen Stellen noch nachgewiesen werden kann.

Der Begräbnißplatz lag früher an der Kirche; er wurde noch bis 1810 für Honoratioren und andere Personen, welche hier Begräbnisse hatten, benützt; der Hauptbegräbnißplatz befand sich seit 1595 am östlichen Ende der Stadt, mußte aber wegen Mangels an Raum verlassen werden. Es wurde daher ein neuer weiter östlich gelegener im Jahr 1826 angelegt und 1843 so namhaft erweitert, daß er gegenwärtig 21/4 Morgen im Meß hält. Von dem früheren Hauptbegräbnißplatz ist nun ein Theil durch das Rathhaus überbaut und der übrige Theil als Baumschule benutzt.


Empfohlene Zitierweise:
Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen214.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)