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150 Ortsbeschreibung.


in einem tief eingeschnittenen, engen Thale liegt. Im Allgemeinen ist die Beschaffenheit des mit guten Straßen versehenen Orts freundlich und reinlich, die theils am nordöstlichen, theils am westlichen Abhange, meist aber in der Thalebene gelegenen Gebäude, unter denen sich mehrere ansehnliche Bauernwohnungen befinden, sind von Holz aufgeführt und häufig mit steinernem Unterstock versehen, so daß das Dorf zu den besser aussehenden des Bezirks zu zählen ist. Gutes Trinkwasser, das übrigens nur aus Pumpbrunnen gewonnen wird, ist hinreichend vorhanden. Die bei Gechingen entspringende Würm, auch Sau genannt, fließt mitten durch das Dorf und treibt im nördlichen Theil desselben die obere Mühle mit 2 Mahlgängen und 1 Gerbgang und im südlichen die untere Mühle ebenfalls mit 2 Mahlgängen und 1 Gerbgang. Etwa 1/8 Stunde südlich vom Ort mündet der Bach in die Aid, wo er nahe des Vereinigungspunkts eine Ölmühle – und weiter unten in Gemeinschaft mit der Aid eine ansehnliche Sägemühle mit Hanfreibe in Bewegung setzt. Die Luft ist gesund, das Klima ziemlich rauh, jedoch so, daß in günstigen Weinjahren die Traube an den Kammerzen noch reift; die Sommernächte sind meist kühl und Frühlingsfröste nicht selten, ebenso Gewitter, die, wenn sie sich in das tiefe Thal einkeilen, sehr heftig werden; übrigens dient der nahe gelegene Schwarzwald als ein erwünschter Ableiter derselben. Von Hagelschlag blieb die Markung seit mehreren Jahren verschont. Die am südlichen Ende des Orts etwas erhöht gelegene Kirche war ursprünglich im gothischen Style erbaut, wurde aber vor etwa 60 Jahren namhaft erweitert und verlor bei dieser Veranlassung nicht nur den größten Theil ihres architektonischen Schmucks, sondern wurde auch durch Einbrechung von runden, oblongen und rundbogigen Fenstern gräßlich entstellt. An der westlichen Giebelseite steht der viereckige massive Thurm, ein monströses aus 3 Stockwerken bestehendes Bauwesen, aus dem ein einfaches Zeltdach sitzt. Das unterste Stockwerk hat ein Kreuzgewölbe, dessen Gurten von vier Fratzengesichter bildenden Consolen ausgehen; an ihrer Kreuzung befindet sich ein Schlußstein, auf dem das Lamm Gottes abgebildet ist. An der Westseite dieses Stockwerks führt ein plumpes, rundbogiges Portal in dasselbe und durch dieses zu einem spitzbogigen Eingang in die Kirche; an der Südseite ist ein sehr schönes gothisch gefülltes Fenster angebracht. Ohne Zweifel wurde der rundbogige Eingang erst später eingebrochen oder doch erweitert, und die Halle im Thurm versah die Stelle des Chors, das der gegenwärtigen Kirche fehlt. Etwa 25 Fuß über der Erdfläche befindet sich der ursprüngliche Eingang in den Thurm, der früher zur Vertheidigung gedient


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Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen150.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)