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oder mit Stroh gedeckt und auf der Wetterseite verschindelt und lagern sich weitläufig an den breiten, unregelmäßig sich hinkrümmenden, zum Theil etwas ansteigenden Straßen; die Lücken sind durch Wiesengründe ausgefüllt, auf denen hohe Waldbäume, meist Linden, Eschen und Eichen emporwachsen, welche dem Dorfe sowohl Schutz als auch ein sehr freundliches Ansehen geben. Östlich vom Orte, auf der sog. „Röthe,“ hat man eine schöne Aussicht an die Alb bis in das Spaichinger Thal hinein; auf dieser Seite der Markung kommen auch Erdfälle vor.

Die dem h. Moriz geweihte Kirche ist mitten im Dorf angenehm und frei gelegen. Ihr Schiff wurde 1866 bedeutend verlängert; dieser Anbau hat moderne Spitzbogenfenster, dagegen stammt der Osttheil des Schiffes, Chor und Thurm aus der spätesten gothischen Zeit. Der Thurm steht frei nördlich am Chore, hat drei hohe Stockwerke, im dritten gefüllte Schallfenster und darauf ein hübsches Satteldach. Der Chor ist halbachteckig geschlossen und mit gefüllten Spitzbogenfenstern geschmückt. Unter ihm fließt aus tiefem Tonnengewölbe eine Quelle, der sog. Kirchbrunnen, hervor; einem starken Bache gleich strömt das herrlich klare Wasser, außerhalb des Gewölbes von großen Quadersteinen gefaßt, in den ganz nahe vorbeifließenden Heimbach; am Schlußstein des Stirnbogens des Quellgewölbes steht 1760. Die alterthümlich gefaßte Quelle giebt zusammen mit dem gothischen Chor und Thurm ein gar anmuthiges Bild.

Auch das Innere der Kirche spricht an; die Decke ist flach, im Westen steht eine weit herein gehende Empore mit der Orgel, erbaut 1819 von Anton Braun in Spaichingen. Der Triumphbogen ist halbrund, gothisch; ein Krucifix hängt darin herab. Im Chore steht ein großartiger Zopfaltar mit einem Ölgemälde, die heil. Familie vorstellend. An der linken Chorwand ist eine sehr alte und sehr schöne aus Holz geschnitzte Maria mit dem Leichnam des Herrn und daneben ein steinernes spätgothisches Sakramenthäuschen, verziert mit Astwerk und Genien, angebracht. Die hübschen, von Maintel in Horb gefertigten Seitenaltäre sind der h. Maria und dem h. Mauritius geweiht. Die hölzerne Kanzel ist samt Schalldeckel in reichem Zopfstile gehalten, an ihrer Brüstung stehen die Holzbilder der vier Evangelisten; außerdem schmücken noch schöne Kirchenfahnen den freundlichen feierlichen Raum. Von den Glocken ist die größte mit dem Bilde des St. Mauritius verziert und gegossen von Benjamin Grüninger in Villingen 1861; die zweite von schöner schlanker Form hat in gothischen Minuskeln die Umschrift: ave. maria. lucas. marcus.

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oberndorf. H. Lindemann, Stuttgart 1868, Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Oberndorf_329.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)