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Einen interessanten alterthümlichen Schatz besitzt die Kirche an dem, aus dem Kloster Alpirsbach in dieselbe versetzten Taufstein, welcher aus dem 11. Jahrhundert stammend im rein romanischen Styl ausgeführt ist. Derselbe ist hohl und hat die Form eines etwas gedrückten Pokals, dessen oberste Weitung 4′ 8″ Durchmesser hält; die pokalförmige Schale des Taufsteins ruht auf einem viereckigen Postament, an dessen Ecken folgende Figuren angebracht sind: an zwei derselben je 2 auf einander sich lehnende Löwen, an der dritten ein einzelner Löwe und an der vierten eine entsetzlich verkrümmte menschliche Figur. Das Äußere der Schale ist mit roh gearbeiteten, seltsame Figuren darstellende Reliefs ausgestattet. Wir beginnen mit dem Hirsch, welcher eine Schlange verschlingt; weiterhin erscheint eine Thierfigur (vielleicht ein Wolf), dessen aufgeschlagener Schweif mit einem Kleeblatt endigt. Diesem steht ein einhörniges Thier entgegen, das mit einem Fuß auf einem Menschenkopf steht, von dem 2 lange sich hinausschnörkelnden Zöpfe und 2 ungestaltete Arme ausgehen; von letzteren faßt der eine das einhörnige Thier am Fuße, der andere ein drachenähnliches, geflügeltes Ungethüm an dem mit einem Kleeblatt endigenden Schwanze. Über der Schwanzspitze des Drachen ist ein hundartiges Thier mit einer Schlange im Munde angebracht, dessen langer Schwanz mit einer Pfeilspitze endigt. Der Hals des Drachen ist mit dem Halse eines zweiten ganz ähnlichen Ungethüms verschlungen; neben dem einen der Drachenköpfe, von denen jeder ein Dreiblatt in dem Rachen hat, zeigt sich wieder ein Menschenkopf mit spitzem Bart und lange hinausgeschnörkelten Zöpfen; die von demselben ausgehenden Arme halten einerseits den einen Drachen am Halse, anderseits den zweiten am Schwanze. Über diesen räthselhaften Figuren steht oben am Rande der Taufschale mit


    ward allain, || Denn sonst hatt er auff Erden kain, || Niemand hat ihm solch’s demonstrieret, || Weil ihm schon ward sein Gesicht verfüret, || Im siebenden Jahr seines Alters g’schwind, || Durch großes Haubtweh ward er blind, || Nu hatt Gott ihm die Gnad auch geben, || Discibel hatt er gelehrt darneben, || Da ward sein Aug, sein Kunst, sein Lehr, || Alles in Allem Gott sein Herr, || Dem sei allain Lob, Preiß und Ehr. || Ano Domini 1604. || Dazumahl seines Alters 43 Jahr. Die alte Orgel erhielt der Verfertiger der neuen (Weigle) um einen billigen Anschlag; derselbe gab ihr eine neue geschmackvolle Fassung und verkaufte sie an die Gemeinde Hohenacker, Oberamts Ludwigsburg. Das Bildniß des etc. Schott aber blieb in Besitz Weigle’s.

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Freudenstadt. Karl Aue, Stuttgart 1858, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Freudenstadt_141.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)