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Ein leichtes, nahrhaftes Bier, nicht über den Durst getrunken, oder einen leichten Most von Obst gekeltert, dürfet ihr euch zwar bei schwerer Arbeit, bei festlichen Gelegenheiten, bei der Schwäche des Alters, oder in ähnlichen Schwachheitsfällen, nicht versagen; ja selbst zur täglichen Erquickung könnte ein sehr mäßiger Genuß nicht schaden. Nur würde hierbei gleichfalls große Vorsicht nöthig sein, wenn nicht ein andres Uebel an die Stelle des kaum verbannten gesetzt werden, und der kaum aus dem Lande geschlagene Feind nicht von einer andern Seite in veränderter Montur wiederkommen sollte. Wenn die Schrift sagt: „die Schlemmer und Säufer verarmen,“ so gilt dieß gewiß eben so gut von den Bierzechern und Weinsäufern, als von den Branntweintrinkern. Die amerikanischen Mäßigkeitsgesellschaften haben daher sogar den Grundsatz, gar keine berauschenden Getränke zu trinken, auch auf Wein und berauschende Biere angewandt. Urtheilt ihr, daß sie hierin zu weit gegangen sind, so ist doch klar, daß einer, der von Bier oder Wein taumelt, um nichts besser ist, als ein Branntweinsäufer; daß es eben so schimpflich und sündlich ist, seine Zeit, seine Gesundheit, sein Vermögen und seinen guten Namen in Wein und Bier zu verwüsten, als in Branntwein. Dieß gilt indeß nur für eure reichen Mitbürger in den Städten (obwohl auch diese oft die letzte Münze und den letzten Rest von gutem Namen mit dem Wein verschlucken), und für diejenigen Gegenden, in welchen starke, berauschende Biere nicht sowohl zur Erwärmung des Magens zuweilen getrunken, sondern liederlich und unmäßig gezecht werden.

Doch das Genauere wird euch, wenn ihr die Sache als verständige Männer und fromme Christen anfangt, die Zeit bald lehren. Gebt nur inzwischen dem Branntwein den Abschied, trinket für gewöhnlich (d. h. zur Löschung des Durstes, denn dazu trinkt der vernünftige Mensch nur, so wie er nur ißt, wenn der Hunger sich meldet) euer frisches Wasser, eure nährende Milch, und in besonderen Fällen ein leichtes gesundes Bier, so wird sich alles andre finden. Ersparet also jährlich das eine Tausend Thaler für Fälle der Noth, legt Sparkassen an, leitet euer Gesinde, eure erwachsenen Kinder gleichfalls an, einen Theil des sonst für Branntwein weggeworfenen Geldes zu ersparen, um ihre Wirthschaft einst ohne drückende Sorgen anfangen zu können und das übrige auf eine frommere, passendere Art zu verwenden. In dieser Art hat sich bei uns namentlich die Jugend mancher Ortschaft

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Friedrich Liebetrut: Nutzen und Schaden des Branntweintrinkens. L. Oehmigke, Berlin 1838, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nutzen_und_Schaden_des_Branntweintrinkens.pdf/37&oldid=- (Version vom 1.8.2018)