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lagen, leben jetzt gesund, froh und glücklich, und segnen den Tag, wo sie den Entschluß faßten, sich von der schimpflichen Herrschaft einer Gewohnheit frei zu machen, die sie nur zu lange betrogen hatte. Seit der Zeit haben bei uns 4000 Brennereien ihr Geschäft gänzlich, über 8000 Kaufleute den Handel mit Branntwein völlig aufgegeben, um ihr Brot auf einem edleren Wege zu erwerben.

Seit der Zeit haben sich alle wohlgesinnten Männer bei uns für die gänzliche Verbannung des Branntweins erklärt, in vielen Städten, ja in ganzen Gegenden ist bereits kein Tropfen mehr zu finden, und jedermann ist froh, den gefährlichen Feind, den man so lange als Freund ansahe, weit entfernt zu wissen. Bei dem stehenden Heere ist der Branntwein gesetzlich ausgeschlossen, derselbe darf weder in das Lager, noch in die Garnisonstädte gebracht werden, keine Marketender dürfen ihn führen. Tausende von Schiffen machen die beschwerlichsten Reisen, die meisten Landstraßen, Eisenbahnen, Canäle, woran Tausende von Menschen arbeiten, wurden seit 5 Jahren gebaut, ohne daß ein Tropfen Branntwein angewandt wurde. Bei dem Bau des Irrenhauses in Massachusetts wurden über elf mal hunderttausend Ziegelsteine gelegt, ohne daß während dieser Zeit ein Arbeiter krank wurde, aber es war bei dem ganzen Bau nicht ein Tropfen Branntwein getrunken.

B.: Wahrscheinlich ist bei ihnen das Klima besser, als hier. Bei der Kälte unsrer Winter und der Hitze unsrer Sommer, wo oft die Nacht über die Luft nicht einmal kühl wird, sollte so etwas doch wohl nicht ohne Branntwein gehen können.

Fr.: O nein, im Gegentheil ist der Branntwein an vielen Orten unter weit schwerern Umständen nicht im Gebrauch. Als z. B. der General Mac-Gregor mit einer Division Soldaten von Indien nach Aegypten ging, um gegen Napoleon zu kämpfen, verrichteten die Soldaten unter dem heißesten Himmelsstriche die schwersten Arbeiten; sie hatten sich aber nie besser befunden, als damals, wo sie gar keinen Branntwein bekamen. Ein andrer vornehmer englischer Beamter machte während einer Reihe von Jahren die größesten Reisen in den heißesten Ländern von Asien, Afrika und Europa. Er lebte 6 Jahre in Indien und legte zusammen 30,000 Meilen zurück. Auf allen diesen Reisen war das Wasser sein einziges Getränk. Oft hatte er in wenigen Wochen viele 100 Meilen zu Wasser und zu Lande zu durcheilen, die beschwerlichsten Geschäfte zu verrichten, aber niemals

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Friedrich Liebetrut: Nutzen und Schaden des Branntweintrinkens. L. Oehmigke, Berlin 1838, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nutzen_und_Schaden_des_Branntweintrinkens.pdf/34&oldid=- (Version vom 1.8.2018)