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Getränkes. Die Wohlhabenderen schätzten ihren Verlust mehr als zweimal so hoch. Alle aber freuten sich zugleich, für Kinder, Gesinde und Lehrlinge von dieser Belehrung den trefflichsten Gebrauch machen zu können. Sie hofften auch jetzt noch bedeutende Ersparungen machen zu können, selbst wenn sie die Hälfte des bisher für Branntwein weggeworfenen Geldes für gesunde, nahrhafte Speisen und Getränke verwendeten, oder einen Theil zur Verbesserung der häuslichen Einrichtung und zu wohlthätigen Zwecken bestimmten. Einen vorzüglichen Vortheil versprachen sich noch alle davon, wenn sie ihre Dienstboten, Lehrlinge und Gesellen bewegen würden, dem Branntwein zu entsagen; denn es war klar, daß diese dadurch nicht allein für sich bald recht bedeutende Summen ersparen würden, sondern auch als ordentliche, fleißige Arbeiter gute Arbeit liefern und so den Vortheil ihrer Vorgesetzten und Herrschaften befördern müßten. Mancher alte Bürger und Handwerker dachte hierbei mit Thränen der Wehmuth an die bessere Zeit, wo das Saufen als entehrendes Laster betrachtet wurde, und wo sich jeder tüchtige Gesell, selbst bei festlichen Gelegenheiten, mit einem guten Glase Bier begnügte.

So waren denn endlich alle einverstanden, daß es nur Gründe gegen den ferneren Genuß des Branntweins gebe, keinen aber für denselben. Selbst der Krüger und einige Kaufleute erkannten, daß ihr Handel mit Branntwein ihnen nicht einmal so viel äußeren Vortheil gewähren könne, als sie zu hoffen hätten, wenn sie mit frommer christlicher Gesinnung mit ihren Angehörigen aufhörten, Branntwein zu trinken, und das so Ersparte zweckmäßig verwalteten. Dachten sie aber vollends daran, daß sie durch den Handel mit einem so gefährlichen Gifte das zeitliche und ewige Verderben so vieler Menschen befördern würden, so schien ihnen der von diesem Handel zu erwartende Gewinn mit mehr als Menschenblut erkauft zu sein. Sie waren also bereit, sich auf jede andere Weise redlich zu nähren, den Segen Gottes mit Gebet und Arbeit zu suchen, aber nicht länger ihr Glück auf das Verderben ihrer Mitmenschen zu bauen.

Hierauf nahm der Fremde wieder das Wort und sprach:

Ihr seid also überzeugt, meine lieben Freunde, daß der Branntwein unter allen Umständen für Vermögen, Gesundheit des Leibes und der Seele verderblich ist. Es bleibt mir nur noch zu zeigen, wie dieses Getränk eben so entbehrlich,

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Friedrich Liebetrut: Nutzen und Schaden des Branntweintrinkens. L. Oehmigke, Berlin 1838, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nutzen_und_Schaden_des_Branntweintrinkens.pdf/32&oldid=- (Version vom 1.8.2018)