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viele mäßige und unmäßige Trinker ist durch dieses eine Wort das Urtheil der Verdammniß gesprochen, und wie kann man dasselbe hören, ohne den festen Entschluß zu fassen, alsbald von diesem breiten Wege der Verdammniß abzutreten!

Und sehen wir endlich nochmals ab von dem Verderben, welches die Trinker sich selbst in dieser und in jener Welt bereiten, um die Folgen zu betrachten, welche das Branntweintrinken überhaupt für die guten Sitten hat: so ist nichts leichter, als sich zu überzeugen, daß das Laster aus keiner Quelle so reichlich fließt, als aus dem Branntweinsglase. Ja es ist leider kein Zweifel, daß durch den Branntwein allein mehr Verbrechen und Laster entspringen, als auf allen andern Wegen zusammengenommen. Durch die mühsamsten und umständlichsten Berechnungen, die in England und Nord-Amerika angestellt wurden, entsprangen vier Fünftel aller Verbrechen und darüber aus dem Branntwein. Von 95,000 Prozessen, die in England anhängig gemacht wurden, hatten über 70,000 in der Liebe zum Trunke ihren Grund. Eben so finden sich überall in den Armenhäusern, Toll- und Irrenhäusern und Gefängnissen jeder Art größtentheils solche, die dem Trunke mehr oder weniger ergeben waren.

Aber wie verderblich muß auch in eurem Lande das Beispiel von 300,000 Säufern auf die Sitten des Landes, namentlich auf die Jugend wirken. Wenn auf etwa zehn Männer ein Trinker oder gar ein Trunkenbold zu rechnen ist, auf zwanzig Familien eine bis zwei unglückliche Ehen, eben so viele schlechte Wirthschaften, wie ungeheuer müssen die Folgen eines solchen Beispiels sein! Auf diese Art erwächst beinahe der zehnte Theil der armen Jugend unter den Augen trunkener Eltern, welch’ eine schreckliche Kinderzucht muß dieß geben! Und nun laßt dieß noch ein Geschlecht so fortgehen, laßt die Sünden von hunderttausend Vätern auf die Kinder forterben, laßt auch Hunderttausende von Kindern, deren Väter noch mäßige Trinker waren, von der Macht einer so allgemeinen Sünde ergriffen werden und mit jener in Müßiggang, Verarmung, Schulden und Verbrechen gerathen: welches soll dann das Schicksal der Kinder eurer Kinder sein!! Jetzt mögen eure Kinder nur noch mit Mühe euren Ermahnungen Gehör geben, da ihre Väter noch großentheils mäßige Trinker sind, da sie gegen einen Säufer noch eine ganze Anzahl Mäßiger sehen. Aber wenn die Kinder eurer Kinder gegen einen Nüchternen mehrere Trunkene

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Friedrich Liebetrut: Nutzen und Schaden des Branntweintrinkens. L. Oehmigke, Berlin 1838, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nutzen_und_Schaden_des_Branntweintrinkens.pdf/29&oldid=- (Version vom 1.8.2018)