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als ein gutes Recht erscheint, nach Willkühr zu thun, was die herrschende Gewohnheit verstattet.

Hierauf nahm der Fremde wieder das Wort. Ich habe, sprach er, in dieser Hinsicht also nichts zu thun, als euch zu erklären, wie die Liebe zum Branntwein gar keine andern Folgen haben kann, als die, welche ihr beklaget, und euch höchstens zu warnen, diese Gelegenheit zur Umkehr von dem Wege des Verderbens nicht vorbeigehen zu lassen. Leicht könnte sonst die böse Gewohnheit euch dermaßen zu ihren Knechten machen, daß eure Rettung für diese, ja vielleicht auch für die zukünftige Welt, so gut als unmöglich würde.

Indem der Branntwein den Menschen auf eine unnatürliche Weise aufregt und lustig macht, ist es eine unausbleibliche Folge, daß mit der nachfolgenden Ermattung auch Unmuth und Verdrießlichkeit eintritt. Dieß wird vielleicht bei den ausgemachten Säufern weniger der Fall sein, indem diese sich alsbald einen neuen Rausch trinken; oder aber sie haben sich bereits so an ein liederliches Leben gewöhnt, daß sie über nichts mehr Verdruß und Reue fühlen. Dagegen wird gerade derjenige, der noch mit Schmerz auf das verschleuderte Geld, auf die verlorne Zeit, die vernachlässigte Arbeit zurückblickt, schon hierüber unmuthig werden, wenn sich die üble Laune nicht schon von selbst als Folge der körperlichen Abmattung einstellt. Nun wird der Unmuth Ursach zu Zank, Aerger, Mißhandlung der Hausgenossen, der Weiber, der Kinder, oder auch des Viehes. Wie ein solches Beispiel, wenn der Hausherr es auch nur zuweilen seinen Untergebenen giebt, alle Zucht und Ordnung im Hause zerstören muß, wie er dadurch gleichsam Kindern und Dienstboten ein Recht giebt, nun auch auszuschweifen, so gut sie können, sehet ihr selbst. Wehe dem Weibe, die ihren Mann einmal betrunken sahe, und dreimal wehe den armen Kindern, den verlaßnen Dienstboten, die ihren Vater, ihren Hausherrn einmal zum Spott und Gelächter geworden erblickten! Wie ferner die Unzucht und Unkeuschheit durch das Branntweintrinken befördert werde, muß euch auf den ersten Blick klar werden. Während jenes süße Gift die Vernunft betäubt, regt es zugleich die fleischlichen Begierden mächtig auf. Wenn aber zu gleicher Zeit der Lenker des Wagens einschläft, und die unbändigen Pferde durchgehen, wer will da den Wagen lenken, und das äußerste Verderben verhüten!

Doch, ihr werdet vielleicht einwenden, alle diese schrecklichen

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Friedrich Liebetrut: Nutzen und Schaden des Branntweintrinkens. L. Oehmigke, Berlin 1838, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nutzen_und_Schaden_des_Branntweintrinkens.pdf/24&oldid=- (Version vom 1.8.2018)