Seite:Nutzen und Schaden des Branntweintrinkens.pdf/21

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

noch nicht völlig zu Grunde gerichtet, sehet nur genau zu, ob sie nicht dennoch wurmfräßig ist, wie jener Eichenstamm, der noch lange fest und brauchbar sein könnte, hätte man ihn nicht so nachlässig hingeworfen.

Was aber die rüstigen Trinker betrifft, so müsset ihr diese mit Männern von gleicher Kraft und Gesundheit vergleichen, die dabei aber keinen Branntwein trinken, so wird sich bald zeigen, wer in einem Tage, einer Woche das meiste leisten kann. Solltet ihr aber noch zweifelhaft sein, so setzt die Beobachtung 10 Jahre lang fort, und ihr werdet sehen, wie der rüstige Trinker nun von vielen übertroffen wird, die ihm zwar um vieles nachstanden, aber ihren Kräften nicht durch den Genuß eines schleichenden Giftes schadeten.

Mehrere Bauern: So wirklich ist es, wie sie uns sagen. Betrachte nur einer den N. und O., wie waren die vor 6, 8 Jahren allen andern im Dorfe voran, aber nun richten sie kaum noch so viel, als andere, aus. Und was die alten Trinker betrifft, so hat wohl keiner unter uns Lust, ein so morsches, lasches Alter zu erleben. Sehet dagegen den alten H. und S., die haben noch manches liebe Jahr vor jenen voraus, aber wie sind diese ihrer Glieder und Sinne noch viel mächtiger.

Fr.: Gut, so höret nur zuletzt noch, wie der Branntwein auch gar nicht anders, als nachtheilig, wirken kann. Ihr habt schon im allgemeinen gehört, daß der berauschende Theil des Branntweins ein eigentliches Gift ist. Sobald dieser Bestandtheil, welchen die Aerzte Alkohol nennen, rein genossen wird, führt er unfehlbar den Tod herbei. Dieses Alkohol, ohne welches der Branntwein so wenig, als Wasser oder Kaffee, betrunken machen würde, wirkt folgendermaßen auf den Körper. Sobald der Branntwein getrunken ist, wird er von den innern Gefäßen aufgesogen und in das Blut geführt. Hier bewirkt er eine große Aufregung. Mit Schnelligkeit werden die berauschenden Theile durch den ganzen Körper, durch die Lungen, die Muskeln, das Gehirn geführt. Nicht das kleinste Blutgefäß, nicht die feinsten Nerven bleiben hiervon unberührt. Eben diese schnelle Bewegung des Blutes erzeugt aber jenes angenehme Gefühl, jenes augenblickliche Vergnügen, welches den Trinker reizt, immer öfter und mehr zu trincken. Weil aber der Branntwein keine nährenden Theile enthält, so kann jene fieberhafte Aufregung des Körpers denselben auch nicht stärken, sondern es folgt im Gegentheil allemal eine verdoppelte Abspannung

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Liebetrut: Nutzen und Schaden des Branntweintrinkens. L. Oehmigke, Berlin 1838, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nutzen_und_Schaden_des_Branntweintrinkens.pdf/21&oldid=- (Version vom 1.8.2018)