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Viele Stimmen: Nein, nein lieber Herr, so weit können wir unmöglich gehen! Sondern es ist wirklich; wie sie uns gestern sagten, während man den Branntwein noch im Munde schmeckt, macht er wohl feurig und muthig, daß man sich nun wohl noch einmal so viel zumuthet, als sonst. Aber nach einer Weile fühlt man sich matter, als vorher, und man muß nun entweder wieder und wieder trinken, was auch kein gutes Ende nimmt, oder man kommt nun noch nicht einmal so weit, als man ganz ohne Branntwein gekommen wäre. Wenn man also die Sache nüchtern bedenkt, und nicht fragt, wie der Branntwein im Augenblick, sondern wie er überhaupt und im ganzen wirkt, so kann man so wenig sagen, daß er stark, als daß er gesund mache.

Ein anderer: Ja gewiß, wenn wir fragen, ob wir nun auch wenigstens etwas gesunder oder stärker wären, als vor 20, 30 Jahren, wo wir nur ein Viertel so viel Branntwein tranken, so finden wir das gerade Gegentheil. Wir wollen nicht gerade von uns reden, denn wenn ein Mann 20 – 30 Jahre hinter sich hat, kann er nicht mehr sein, wie ehedem. Aber es ist gewiß, daß wir jetzt eher weniger als mehr mit eben so viel Leuten ausrichten. Und die stärksten in der Zeche sind größtenteils die schwächsten in der Arbeit.

Fr.: Gut, ihr sehet also schon ein, daß der Branntwein nur zum Schein und für den Augenblick Kraft und Muth giebt, auf die Dauer aber den Körper mehr schwächt, als stark macht. Folgendes wird euch aber zeigen, daß derselbe nur nachtheilig auf den Körper einwirkt.

1) Der Branntwein öffnet häufig den anstekkenden Krankheiten die Thür.

Dieß hat sich in neuern Zeiten besonders bei der furchtbaren Krankheit der Cholera gezeigt. An derselben starben z. B. im Jahre 1832 in der amerikanischen Stadt Albany 336 Personen von 25,000 Einwohnern, während von den 5000 derselben, welche gar keinen Branntwein tranken, nur 2 Personen starben, d. h. also nach Verhältniß 40mal weniger, als von den Trinkern starben. Unter 600 Kranken, welche man damals in das Krankenhaus zu New-York brachte, befanden sich fast nur Trinker. Ueberhaupt kann man annehmen, daß von den Hunderttausenden, die dieser Krankheit in den letzten Jahren erlegen sind, vier Fünftel dem Trunke ergeben waren. Warum dieß, wenn der Branntwein

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Friedrich Liebetrut: Nutzen und Schaden des Branntweintrinkens. L. Oehmigke, Berlin 1838, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nutzen_und_Schaden_des_Branntweintrinkens.pdf/18&oldid=- (Version vom 1.8.2018)