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Und wenn ihr einen Theil davon lieber zum Ankauf neuer Grundstücke, zur Erziehung eurer Kinder verwendetet, wenn ihr eine Zeitlang jährlich einige hundert Thaler zur Besoldung eines gründlich gelehrten, geschickten Oekonomen bestimmtet, der euch mit den großen Vortheilen und Fortschritten der neueren Wirthschaftskunst bekannt machte: so würdet ihr leicht auf diesem Wege noch größere Vortheile erlangen, und zum froheren Genusse eurer Ersparnisse und des göttlichen Segens der Mäßigkeit gelangen, als wenn ihr die ganzen Ersparnisse in die Sparbank geben wolltet.

Dagegen gebet ihr euch jetzt durch den Genuß des Branntweins dem lachenden Verderben und der schrecklichen Gewißheit der Verarmung preis. Oder glaubt ihr wohl, daß der Dieb, der ungehindert bei euch aus- und eingeht, eher aufhören wird, euch mit lachendem Munde zu bestehlen, als bis ihr nichts mehr für ihn habt, als euch selbst; bis er euch nun zu Sünde und Laster fortreißt, ach vielleicht gar euch selbst zu Dieben und Verbrechern macht, nachdem er euch so lange beraubt und endlich zu Bettlern gemacht hat? Glaubt dieß nicht, lieben Leute. Erst euer Geld, dann eure Gesundheit, eure Ehre, und endlich euch selbst und – – Doch davon will ich noch schweigen.

Aber sagt mir, habet ihr vor 30 Jahren auch diese Klagen geführt? Wurde, als ihr jung wart, auch schon soviel Branntwein getrunken?

Ein älterer Bauer: O nein! Ich habe mir unlängst selbst berechnet, daß jetzt wenigstens 4 bis 5 mal so viel Branntwein gebraucht wird, als vor 30 Jahren. Als mir mein Vater im Jahre 1804 die Wirthschaft übergab, brauchten wir zur Aernte 6 – 8 Quart, jetzt 1/2 Tonne; damals erhielten die Taglöhner nur bei der schwersten Waizen- und Roggenmaht ein Glas, jetzt verlangen sie während der ganzen Aernte Branntwein. Damals brauchten wir außer der Aerntezeit höchstens die Woche 1/2 Quart, jetzt will dieß kaum den Tag über zureichen.

Ein andrer B.: Als ich 1802 noch für Knecht diente, bekam das Gesinde noch gar keinen Branntwein, ja auch für den Taglöhner wurde selten einmal solcher auf das Feld mitgenommen. Zu Hause war der Branntwein für die Herrschaft eine Seltenheit, Dienstleute aber ließen sich noch gar nicht einfallen, daselbst solchen zu fordern. Der Branntwein war überdieß theurer, der Taglöhner und Dienstbote trank

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Friedrich Liebetrut: Nutzen und Schaden des Branntweintrinkens. L. Oehmigke, Berlin 1838, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nutzen_und_Schaden_des_Branntweintrinkens.pdf/13&oldid=- (Version vom 1.8.2018)