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bis 60sten Jahre eures Lebens) die Wirthschaft führet, nicht weniger als dreißigtausend Thaler.

Bauern, höchst erschrocken: Dreißigtausend Thaler? Das ist ja mehr, als unser ganzes Dorf, mit allem, was dazu gehört, werth ist! – –

Fr.: Nach euren eignen Angaben ganz richtig. Der Branntwein kostet euch in 30 Jahren mehr, als eure ganze Habe werth ist. Aber höret auch, daß nach den genauesten Berechnungen in meinem großen Vaterlande, worin es tausende von Landbauern giebt, die weit mehr Eigenthum besitzen, als zehn von euch zusammengenommen, doch in 30 Jahren mehr, ja über 400 Millionen Thaler, mehr für den Branntwein weggeworfen wurde, als der ganze Werth des ungeheuren Gebietes der Vereinigten Staaten in Nord-Amerika beträgt. Aber höret nur weiter. Wie hoch verzinset sich bei euch ein gut untergebrachtes Kapital?

B.: Zu 5 Thlr. von 100.

Fr.: 5 Thlr. von 100 in einem Jahre macht in 30 Jahren 150 Thaler Zinsen. Folglich würden die einfachen Zinsen von 1000 Thlrn., die euch der Branntwein in diesem Jahre kostet, binnen 30 Jahren 1500 Thaler betragen. Diese Zinsen gehen auch mit jenem Kapital verloren. Ueberhaupt aber würde auch das ganze Kapital von dreißig tausend Thalern, die euch der Branntwein binnen 30 Jahren kostet, während dieser Zeit 23,050 Thaler Zinsen getragen haben, indem ihr nach einem Jahre 50 Thlr. Zinsen von 1000 erhoben hättet, nach 2 Jahren 100, und so fort; nach 30 Jahren endlich 1500 Thlr. von der Ausgabe des ersten Jahres. Rechnet ihr also den Verlust dieser Zinsen zu dem verwandten Kapital hinzu, so kostet euch demnach der Branntwein binnen 30 Jahren über 50,000 Thlr. (53,050 Thlr.). Diese Summe dürftet ihr also nur sparen, ja nur etwa zur Hälfte sparen, und euer Dorf wäre binnen 39 Jahren zuverlässig eines der wohlhabendsten weit und breit. Nach jener Berechnung würdet ihr aber noch die Zinsen von jenen 23 tausend Thalern Zinsen zum Besten eurer Wirthschaft haben verwenden können; ja ihr könntet allenfalls die ganzen Zinsen zur Verbesserung eurer Wirthschaftsgeräthe, eures Viehstandes, zur Belohnung und Vermehrung eures Gesindes, eurer Arbeiter verwenden; so würde eure häusliche Einrichtung sich reichlich verbessern, euer Wohlstand, eure Lebensfreude, euer Lebensgenuß würde zunehmen, selbst wenn ihr jenes große Kapital für besondere Fälle der Noth aufbewahrtet.

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Friedrich Liebetrut: Nutzen und Schaden des Branntweintrinkens. L. Oehmigke, Berlin 1838, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nutzen_und_Schaden_des_Branntweintrinkens.pdf/12&oldid=- (Version vom 1.8.2018)