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sie Tags vorher schon aus ihrer Tasche bezahlt hatten. Nicht besser wird es euch aber mit euch selbst und euren Taglöhnern gehen. Ich will nicht sagen, daß die besten Trinker unter euch die schlechtesten Arbeiter sein werden. Denn oft kann der Unmäßige sonst ein Mann von größerer Kraft und Geschicklichkeit sein, der Mäßige dagegen mag zuweilen von Natur schwach, klein, ungesund sein, und daher natürlich auch weniger ausrichten können. Dieß aber sage ich mit völliger Gewißheit, beobachtet ihr euch selbst, so werdet ihr allemal finden, je fleißiger ihr zum Trunk seid, je träger zur Arbeit. Ihr verliert dadurch mit dem Gelde nicht bloß an Zeit, sondern auch an Lust, Munterkeit, Gesundheit und Kraft. Der Branntwein macht im ersten Augenblick munter und rüstig, wie die Fieberhitze den Kranken aufregt, daß er lebendiger und stärker wird, als zwei Gesunde. Aber mit der Trunkenheit legt sich der Muth, man bleibt seiner Glieder, seiner Sinne nicht mächtig. Selbst in dem Falle, daß ihr es nicht bis dahin kommen lasset, bleibt die Wirkung doch genau dieselbe, wenn sie sich auch in geringerem Grade zeigt. Trinkt ihr weniger, so wird die Aufregung nicht so groß, der trunkene Muth steigt nicht so hoch; aber eben so hoch er gestiegen ist, so tief, und ein gut Theil tiefer noch, fällt er. Es ist hier wieder, wie mit einem gelinderen Fieber. Es regt weniger auf, spannt weniger die Sinne und die Kräfte in die Höhe – aber die Ermattung folgt in gleichem Maße, wenn sie auch vielleicht nur halb so groß ist, als bei demjenigen, der das Fieber noch einmal so sehr hatte.

So sind also zunehmende Trägheit, Unlust, Abnahme der Kraft, der Gesundheit, Mattigkeit, Neigung zum Müßiggang, Vernachlässigung der Arbeit, die weiteren Folgen des Branntweintrinkens. Könnt ihr euch also wundern, wenn euer Gesinde fauler, trotziger wird, wenn ihre Forderungen immer höher gehen, wenn euer Acker, euer Vieh schlechter werden, wenn eure Wirthschaft immer mehr zurückkommt? Gewiß, lieben Leute, mich sollte es nicht wundern, wenn der Schade, den ihr so unvermerkt durch diese Folgen des Branntweintrinkens erleidet, noch größer ist, als die Ausgabe jener achthalb hundert Thaler selbst schon ist.

Endlich nehmet nun noch hinzu, wie die Liebe zum Trunk nothwendig mit dem Müßiggang auch die Verarmung herbeiführt. In allen Ländern, wo Branntwein getrunken wird, nimmt die Zahl der Müßiggänger, der Armen, der

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Friedrich Liebetrut: Nutzen und Schaden des Branntweintrinkens. L. Oehmigke, Berlin 1838, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nutzen_und_Schaden_des_Branntweintrinkens.pdf/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)