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und Fluth sehr gering an denjenigen Inseln, welche vom Festlande sehr entfernt liegen. In gewissen Häfen, wo das Wasser ungestüm ankommt, nachdem es vielen Sandbänken begegnet ist, und wo es hin- und herfliessen muss, um wechselweise den Meerbusen zu leeren und zu füllen, muss Ebbe und Fluth grösser als gewöhnlich sein. z. B. in Plymouth und an der Brücke von Chepstowe in England, am Berge St. Michel und zu Avranches in der Normandie, au Cambaia und Pegu in Ostindien. An diesen Orten kommt und geht das Meer mit einer grossen Geschwindigkeit; es überschwemmt bald das Ufer mehrere Meilen weit, bald lässt es dasselbe wieder eben so weit trocken. Der Stoss des Wassers, wenn es ankommt und sich zurückzieht, hört erst auf, wenn es 30, 40 oder 50 Fuss und mehr gestiegen oder gesunken ist. Dasselbe findet in langen und solchen Meerengen statt, welche voll von Sandbänken sind, wie in der Magellanstrasse und den England umgebenden Meeren. Die Fluth wird in diesen Häfen und Meeren bedeutend grösser durch die Gewalt, mit welcher das Wasser ankommt und sich zurückzieht. An solchen Küsten aber, welche plötzlich zum breiten und offenen Meere abstürzen und wo das Wasser steigen und sinken kann, ohne mit Heftigkeit vor- und rückwärts zu gehen, entspricht die Grösse der Fluth den Kräften der Sonne und des Mondes.

Zusatz 2. Da die Kraft des Mondes zur Bewegung des Meeres sich zur Schwerkraft wie 1 : 2871400 verhält, so ist es klar, dass erstere viel zu klein sein muss, um bei Pendelversuchen und anderen, in der Statik und Hydrostatik anzustellenden Versuchen bemerkt werden zu können. Diese Kraft des Mondes hat nur bei der Fluth eine bemerkbare Wirkung.

Zusatz 3. Die Kraft des Mondes zur Bewegung des Meeres verhält sich zur ähnlichen Kraft der Sonne wie 4,4815 : 1, und diese Kräfte stehen (nach §. 107, Zusatz 14. des ersten Buches) im zusammengesetzten Verhältniss der Dichtigkeiten beider Himmelskörper und der Cuben ihrer scheinbaren Durchmesser. Die Dichtigkeit des Mondes muss sich also zur Dichtigkeit der Sonne verhalten direct wie 4,4815 : 1, und indirect wie der Cubus des Monddurchmessers zum Cubus des Sonnendurchmessers, d. h. (weil der mittlere scheinbare Durchmesser beider resp. 31' 16,"5 und 32' 12" sind) wie 4,4816  : 1 oder wie 4891 : 1000.

Nun verhält sich die Dichtigkeit der Sonne zur Dichtigkeit der Erde wie 1000 : 4000, also die Dichtigkeit des Mondes zur Dichtigkeit der Erde wie 4891 : 4000, oder wie 11 : 9. Die Mondkugel ist also dichter und hat mehr festes Land, als unsere Erde.[1]

Zusatz 4. Da nach den astronomischen Beobachtungen der wahre Durchmesser des Mondes sich zu dem der Erde wie 100 : 365 verhält, so verhält sich die Masse des Mondes zur Masse der Erde wie 1 : 39,788.[2]


  1. [643] No. 287. S. 452. Nach Hansen a. a. O. ist, wenn D(s), D(e), D(m) bezüglich die Dichtigkeit der Sonne, der Erde und des Mondes bezeichnet, D(m) : D(s) = 0,619 : 0,252 = 2679 : 1000, D(s) : D(e) = 0,252 : 1,000, also D(m) : D(e) = 0,619 : 1,000 = 1000 : 1615 und im Gegensatz zum Text der Mond weniger dicht als die Erde. Vermittelst des Verhältnisses von D(m) : D(s) und der bezüglichen Werthe der scheinbaren Durchmesser 31' 7,"0 und 32' 1,"8 erhalten wir nach der Vorschrift im Texte die Kraft des Mondes zur Bewegung des Meeres zur Kraft der Sonne wie
    = 2,456 : 1.
  2. [643] No. 288. S. 252. Nach den Werthen im Text wird die Masse des Mondes zu derjenigen der Erde, wie
    = 1 : 39,76,

    während nach Hansen 1 : 87,73 sich ergibt

Empfohlene Zitierweise:
Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 452. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/460&oldid=- (Version vom 1.8.2018)