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verschieden sind, sind die Kräfte, welche zur Erzeugung der Bewegung auf die Körper eingewirkt haben. Eine wahre Bewegung wird nur erzeugt oder abgeändert durch Kräfte, welche auf den Körper selbst einwirken, wogegen relative Bewegungen erzeugt und abgeändert werden können, ohne dass die Kräfte auf diesen Körper einwirken. Es genügt schon, dass sie auf den andern Körper, auf welchen man diesen bezieht, einwirken; weicht der andere Körper alsdann zurück, so ändert sich auch die Beziehung, und hierin besteht eben die relative Ruhe und Bewegung des Körpers. Umgekehrt wird die wahre Bewegung des Körpers stets durch auf ihn einwirkende Kräfte geändert, wogegen die relative Bewegung durch diese Kräfte nicht nothwendig geändert wird. Wirken nämlich dieselben Kräfte auch auf die andern Körper, auf welche man jenen bezieht, so ein, dass die relative Lage beibehalten wird, so bleibt die Beziehung, woraus relative Bewegung hervorgeht, unverändert. Jede relative Bewegung kann sich demnach ändern, wenn die wahre unverändert bleibt und ungeändert bleiben, wenn letztere sich ändert. Daher besteht die wahre Bewegung keineswegs in Beziehungen dieser Art.

Die wirkenden Ursachen, durch welche absolute und relative Bewegungen von einander verschieden sind, sind die Fliehkräfte von der Axe der Bewegung. Bei einer nur relativen Kreisbewegung existiren diese Kräfte nicht, aber sie sind kleiner oder grösser je nach Verhältniss der Grösse der Bewegung.

Man hänge z. B. ein Gefäss an einem sehr langen Faden auf, drehe dasselbe beständig im Kreise herum, bis der Faden durch die Drehung sehr steif wird; hierauf fülle man es mit Wasser und halte es zugleich mit dem letzteren in Ruhe. Wird es nun durch eine plötzlich wirkende Kraft in entgegengesetzte Kreisbewegung versetzt und hält diese, während der Faden sich ablöst, längere Zeit an, so wird die Oberfläche des Wassers anfangs eben sein, wie vor der Bewegung des Gefässes, hierauf, wenn die Kraft allmählig auf das Wasser einwirkt, bewirkt das Gefäss, dass dieses (das Wasser) merklich sich umzudrehen anfängt. Es entfernt sich nach und nach von der Mitte und steigt an den Wänden des Gefässes in die Höhe, indem es eine hohle Form annimmt. (Diesen Versuch habe ich selbst gemacht). Durch eine immer stärkere Bewegung steigt es mehr und mehr an, bis es in gleichen Zeiträumen mit dem Gefässe sich umdreht und relativ in demselben ruhet. Dieses Ansteigen deutet auf ein Bestreben, sieh von der Axe der Bewegung zu entfernen, und durch einen solchen Versuch wird die wahre und absolute kreisförmige Bewegung des Wassers, welche der relativen hier ganz entgegengesetzt ist, erkannt und gemessen. Im Anfange, als die relative Bewegung des Wassers im Gefässe am grössten war, verursachte dieselbe kein Bestreben, sich von der Axe zu entfernen. Das Wasser suchte nicht, sich dem Umfange zu nähern, indem es an den Wänden emporstieg, sondern blieb eben, und die wahre kreisförmige

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Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/37&oldid=- (Version vom 1.3.2018)