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Da nun alle Körper, welche sich auf der Erde oder am Himmel befinden, und an denen man Beobachtungen oder Versuche anstellen kann, schwer sind; so wird man allgemein behaupten müssen, dass die Schwere allen Körpern zukomme. So wie man sich keine Körper denken kann, welche nicht ausgedehnt, beweglich und undurchdringlich wären; kann man sich auch keine vorstellen, welche nicht schwer wären. Die Ausdehnung, Beweglichkeit und Undurchdringlichkeit sind nur durch Versuche bekannt, und ganz auf dieselbe Weise hat man auch die Schwere kennen gelernt. Alle Körper, welche wir beobachtet haben, sind ausgedehnt, beweglich und undurchdringlich; und hieraus schliessen wir, dass alle Körper, auch die nicht beobachteten, ausgedehnt, beweglich und undurchdringlich sind. Ebenso sind alle beobachteten Körper schwer, und hieraus schliessen wir auf die Schwere aller Körper, auch derjenigen, welche wir nicht beobachtet haben. Wollte Jemand behaupten, die Fixsterne seien nicht schwer, weil man ihre Schwere noch nicht wahrgenommen hat [Bei den in den neueren so zahlreich beobachteten Doppelsternen dürfte man doch wohl die Gravitation derselben als vermöge directer Beobachtung ihrer gegenseitigen Bewegung festgestellt annehmen Bem. d. Her.]; so könnte man aus demselben Grunde die Behauptung aufstellen, dass sie weder ausgedehnt, noch beweglich, noch undurchdringlich seien, weil man diese Eigenschaften derselben noch nicht beobachtet hat. Wozu bedarf man der Kräfte? Unter den ursprünglichen Eigenschaften aller Kräfte findet entweder die Schwere statt, oder es finden ebensowenig die Ausdehnung, Beweglichkeit und Undurchdringlichkeit statt. Die Natur der Dinge wird entweder richtig durch die erstere, oder nicht richtig durch die drei letztern erklärt.

Ich höre, dass manche diese Schlüsse nicht billigen und, ich weiss nicht was, von verborgenen Eigenschaften murmeln. Sie pflegen nicht immer die Schwere als etwas Verborgenes anzunehmen, und sind der Meinung, dass die verborgenen Ursachen weit von der Forschung abliegen. Diesen erwidert man leicht, dass diejenigen Ursachen keine verborgenen sind, deren Dasein durch Beobachtungen auf’s deutlichste erwiesen wird, sondern nur diejenigen, deren Existenz, verborgen oder erdichtet, aber noch nicht erwiesen ist. Die Schwere wird daher keine verborgene Ursache der Erscheinungen am Himmel sein, indem aus den Erscheinungen selbst dargethan worden ist, dass sie wirklich existire. Diejenigen nahmen vielmehr zu verborgenen Ursachen ihre Zuflucht, welche, ich weiss nicht was für Wirbel einer gänzlich ersonnenen und den Sinnen ganz unbekannten Materie annehmen, durch welche jene Bewegungen hervorgebracht werden sollen.

Wird man aber desshalb die Schwere eine verborgene Ursache nennen, und sie unter diesem Namen aus der Naturlehre verbannen, weil ihre Ursache verborgen und noch nicht gefunden ist? Diejenigen, welche dies behaupten, mögen sehen, dass sie keine absurde Behauptung aufstellen, wodurch sie endlich die ganze Grundlage der Physik umreissen

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Isaac Newton: Mathematische Prinzipien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/19&oldid=- (Version vom 1.8.2018)